Nur wenig Zeit? Dann lies unsere Tipps für Schnellleser.
Sie beschäftigen sich schon eine ganze Zeit lang mit Orchideen, und diese gedeihen prächtig? Es juckt Sie in den Fingern, nun endlich mit der Orchideen-Zucht zu starten? Gemach, kann man da nur raten, Orchideen-Zucht erfordert große Mengen an Detailversessenheit und Sorgfalt (Pingeligkeit), es ist sicher schlauer, mit der schlichten (ungeschlechtlichen) Vermehrung von Orchideen zu starten. Vielleicht geht es Ihnen ja ohnehin nur um eine Anleitung und Tipps, wie Sie Ihre Orchideen am besten vermehren, um viele liebe Freunde mit den schönen Pflanzen zu beglücken, die jetzt folgen.
Vegetativ und generativ
Grundsätzlich gibt es zwei Wege, über die sich Orchideen fortpflanzen: Vegetative (ungeschlechtlich, aus getrennt weiterwachsenden Pflanzenteilen) und generative (geschlechtlich, aus Samen) Vermehrung. Beide Vermehrungsarten haben einige grundsätzliche Unterschiede und Besonderheiten:
- 1. Die vegetative Vermehrung kann durch Nutzung verschiedenster Pflanzenteile erfolgen, die alleine fortbestehen können. Bei dieser Art, Orchideen zu vermehren, entstehen genetisch mit den Elternpflanzen identische Pflanzen, es handelt sich also um “Klonen von Orchideen”.
- 2. Die generative Vermehrung sorgt dafür, dass sich die Gene beider Elternpflanzen mischen, die neuen Pflanzen unterscheiden sich also von ihren Eltern. Generative Vermehrung ist damit die Grundlage der Zucht, deren Ziel die Übernahme der guten Eigenschaften beider Elternpaare ist.
Vegetative Vermehrung
Die vegetative Vermehrung nutzt wie gesagt fortpflanzungsfähige Pflanzenteile, um die nächste Generation Orchideen hervorzubringen (oder eben eigentlich nicht die nächste Generation, sondern identische Pflanzen, aber neue Orchideen, die jünger sind als die Elternpflanzen). Es gibt mehrere fortpflanzungsfähige Pflanzenteile, die bei verschiedenen Orchideen-Sorten mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit gebildet werden und mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten zu neuen Pflanzen werden:
Kindel oder Keiki
Kindel oder Keiki sind sozusagen der Hauptgewinn, nämlich anerkannt die leichteste Möglichkeit, eine Orchideen zu vermehren. So entstehen die Kindel oder Keiki, und so machen Sie sie zu neuen Orchideen:
- Ein Kindel entsteht, indem sich an einer Stellen einer Orchidee Blätter entwickeln, an der sich normalerweise Blüten entwickeln würden
- Bei den Phalaenopsis geschieht das an den Blütenstängeln, bei anderen Orchideen-Gattungen an den Bulben
- Das Kindel ist ein kleiner Trieb, der nur aus Blättern bestehen wird und sichtbar nie eine Blüte werden will
- Wenn sich ein Kindel “auf den Weg macht”, brauchen Sie erst einmal Geduld
- Denn “Überlebenschancen ohne Mutter” hat ein Keiki erst, wenn es mindestens zwei Blätter und mehrere einige Zentimeter lange Wurzeln hat
- Das kann dauern, bis über ein Jahr … je grösser das Kindel wird, desto eher hat es allein eine Chance
- Wenn das Keiki keine Lust zur Wurzelbildung hat, können Sie es vielleicht überreden, indem Sie es unten in feuchtes Moos hüllen
- Bis dahin sollte es vor allem bei niedriger Luftfeuchtigkeit gelegentlich angesprüht werden, so wird es kräftiger
- Das Keiki ist reif zur Trennung, wenn sein verbindender Stängel gelb wird
- Dann können Sie den Ableger abtrennen und in Orchideenerde pflanzen
- Schön feucht halten, auch im oberen Bereich, die kleine Orchidee braucht zum Anwachsen viel Luftfeuchtigkeit
- Empfehlenswert ist die Aufzucht in einem Mini-Gewächshaus oder unter einer lichtdurchlässigen Plastikhaube mit Luftlöchern
- Täglich lüften bzw. einige Zeit abheben, damit Schimmel und Fäulnis keine Chance haben
- Wenn die kleine Orchidee angewachsen ist, kann sie nach einigen Wochen eine erste, stark verdünnte Düngergabe bekommen
- So wird das Wachstum gefördert, bald kann der Ableger dann wie die Elternpflanze kultiviert werden
Es bleiben aber noch 9996 Orchideen-Gattungen übrig, die auf andere Art und Weise vermehrt werden müssen, wozu Ihnen weitere vier Möglichkeiten zur Verfügung stehen:
Teilen
Die nächste Chance auf recht einfache Vermehrung haben Sie, wenn die Orchidee ohnehin umgetopft werden muss, was bei großen Orchideen irgendwann fällig ist:
- Eine Orchidee sollte spätestens dann umgetopft werden, wenn sie blühfaul geworden ist
- Eine teilungsfähige Orchidee sollte dann auch geteilt werden, um sie zu verjüngen
- Teilungsfähig ist eine Orchidee, wenn sie mindestens 8 Bulben und mindestens zwei neue Triebe in verschiedenen Wuchsrichtungen hat
- Wenn die Pflanze aus dem Topf genommen wurde, trennen Sie das Rhizom zwischen den Bulben
- Es wird vorsichtig auseinander gezogen, bis Sie einzelne Pflanzen haben, die separat eingetopft werden
- Manchmal fällt die Orchidee schon fast von alleine auseinander, dann war die Teilung wirklich an der Reihe
- Wenn möglich, sollte in der Mitte geteilt werden, zwei Pflanzen mit vier oder mehr Bulben
Nach einer Teilung machen die Orchideen häufig eine längere Blühpause, entwickeln sich dann aber umso prächtiger.
Pseudobulben
Manche Orchideenarten entwickeln nicht nur Bulben, also Seitenachsen der Sprossachse, sondern auch kleine Rückbulben, die ohnehin beim Umtopfen abgeschnitten werden sollten. Diese kleine grünen Kugeln können Sie dann ebenfalls zur Vermehrung nutzen, sie werden einfach einpflanzt und bekommen manchmal Blätter. Bei einigen Arten brauchen Sie dazu mehrere Bulben, bei anderen reicht eine einzige, häufig verfaulen die Bulben schlichtweg, was wenig macht, da die Alternative gewesen wäre, sie gleich wegzuschmeissen.
Kultur aus Sprossachsen mit Nodien
Bei manchen Orchideen können Sie die Sprossachsen zum Vermehren nutzen, indem Sie einen der neuen Sprosse abnehmen, der schon Nodien (Knoten für späteren Blattansatz) aufweist. Geeignete Sprossachsen bilden z. B. manche Dendrobium und manche Phajus. Die blattlosen Stücke werden in eine Schale mit Anzuchterde gelegt und bei mindestens 23 Grad aufgestellt. Wieder mit Plastikhaube für die Luftfeuchtigkeit und regelmäßigem Lüften. Wenn Sie Glück haben, sehen Sie nach ein paar Wochen kleine Triebe, zu denen an der Gegenseite Wurzeln wachsen. Wenn die Wurzeln ein paar Zentimeter lang sind, können die Jungpflanzen in Töpfe gesetzt werden und wie eingetopfte Kindel behandelt werden.
Kopfstecklinge
Die Rankpflanzen unter den Orchideen (z.B. Angraecum und Vanda) können Sie gut durch Kopfstecklinge vermehren:
- Sie können Kopfstecklinge von der Pflanze abschneiden, ein rund 40 cm langes Triebende. Vom unteren Teil werden die Blätter entfernt, der wird dann in eine Schale mit Anzuchterde gelegt und etwas mit Erde bedeckt. Der restliche Trieb mit den Blättern sollte fixiert werden, wenn er in der Gegend herum baumelt, würde das die Wurzelbildung behindern. Anzuchterde feucht halten, abdecken oder im Zimmergewächshaus warm stellen, hier soll es die Wurzelbildung fördern, wenn Sie die Blätter gelegentlich mit Wasser besprühen, anstatt die Anzuchterde zu gießen. Wenn die Triebe neu austreiben, haben sich Wurzeln gebildet. Die kleinen Orchideen werden nun in separate Töpfe gesetzt und weiter kultiviert wie gerade abgetrennte Kindel.
- Bei diesen Orchideen-Arten kommt es auch vor, dass sich am Trieb selbst Wurzeln bilden. Diese Wurzelbildung können Sie durch eine feuchte Moosbinde unterstützen, wenn sich genug Wurzeln gebildet haben, können Sie den Kopfsteckling vorsichtig von der Mutterpflanze abtrennen und wie oben bei den Kindeln beschrieben alleine weiter kultivieren.
Generative Vermehrung
Die generative Vermehrung ist der Einstieg in die Orchideen-Zucht. Bevor Sie sich mit der komplizierten Samenbildung und Samenaufzucht bei Orchideen beschäftigen, sollten Sie einige Erfahrungen in der vegetativen Vermehrung von Orchideen sammeln, dann wird die Informationssammlung zur generativen Vermehrung viel leichter fallen.
Häufig gestellte Fragen
Kann ich Orchideen nicht schlichtweg durch Aussaat vermehren?
Schauen Sie sich einmal nach Orchideensamen um – Sie werden nicht gerade im Massen fündig werden, sondern nur bei sehr spezialisierten Händlern, und das ist nicht ohne Grund so: Orchideensamen fehlt das Nährgewebe um die Keimzelle, das bei allen Samen, die Sie sonst aussäen, den Keimling ernährt. In der Natur lebt die Orchidee in Symbiose mit einem Pilz, der diese Aufgabe übernimmt, in Kultur müssen Sie die “Babynahrung” bereitstellen, und das ist ziemlich kompliziert. Die Sämlinge müssen werden künstlich ernährt werden, Pilze werden nicht geduldet, müssen sogar ferngehalten werden – Die Aufzucht von Orchideen-Samen ist Laborarbeit, auf der Fensterbank ist hier nichts zu machen.
Gibt es Einsteigerorchideen, die sich auch besonders leicht vermehren lassen?
Bei den exotischen Orchideen sollten Sie als Einsteiger wahrscheinlich Hybriden wählen, diese Kreuzungen sind (entweder so empfindlich, dass Sie gar nicht bis zum Vermehren kommen, aber das passiert Ihnen nur bei nicht fachkundigen Händlern) wie die Promenadenmischungen bei den Hunden durch Mischung von möglichst viel verschiedenem genetischen Material entstanden und ziemlich robust und widerstandsfähig. Sie müssen aber beim Orchideen-Spezialisten kaufen, die Orchidee aus dem Baumarkt ist ebenso in Massen und mit Blick auf schnellen Gewinn gezüchtet worden wie die Tulpe mit der großen fransigen Blüte aus dem Katalog. Welche dieser Hybriden Sie wählen sollten, hängt sehr von den Standortbedingungen ab, die Sie bieten können, pauschaler Rat ist hier nicht möglich, und welche Orchideen leicht zu kultivierende Kindel bilden, wurde im entsprechenden Abschnitt beschrieben.wird