Lippenblütengewächse (Lamiaceae) sind allgemein leicht zu erkennen. Sie besitzen sehr charakteristische Blüten. Weitere Merkmale von Lippenblütlern werden hier behandelt und an Beispielpflanzen nachgewiesen.
Merkmal 1: Blätter
Die Blattform kann sich zwar je nach Art unterscheiden, ist jedoch meistens ungeteilt. Im Gegensatz dazu ähneln sich die Blattränder bei den meisten Lippenblütlern. Sie sind häufig gekerbt oder gezähnt.
Beispiel: Gattung Taubnesseln (Lamium)
- bekannte Arten: Gewöhnliche Goldnessel, Gefleckte Taubnessel, Weiße Taubnessel
- einjährig oder ausdauernd
- typische Blätterform und Blattstellung
- Blätter ähneln Brennnesseln, nesseln aber nicht, daher die Namensgebung
- Merkmale der Blüten charakteristisch für Lippenblütler
- überwiegend rote, aber auch gelbe oder weiße Blüten
- überall stark verbreitet, häufig an Waldrändern oder in Gärten, auf nährstoffreichen, eher feuchten Böden
Merkmal 2: Blattstellung
Die Anordnung der Blätter am Stängel ist bei Lippenblütengewächsen häufig kreuzweise gegenständig, das heißt, es stehen sich immer zwei Blätter am Stiel gegenüber.
Beispiel: Gundermann (Glechoma hederacea)
- wintergrün und ausdauernd
- bildet Ausläufer, Hauptspross kann bis zu 2 m lang sein
- Flachwurzler
- Blätter nieren-, rundlich- oder herzförmig
- Blütentriebe 10 bis 30 cm hoch
- typische Lippenblüten in blau oder blauviolett, selten rosa oder weiß
- verbreitet auf schweren und feuchten Böden, in Gärten, Parks, Wäldern oder auf Wiesen
Merkmal 3: Stängel
Auch die Stängel von Lamiaceae weisen typische Merkmale auf. Oft sind sie 4-kantig und außerdem hohl. Bei Halbsträuchern verholzen die unteren Teile. Bei vielen Pflanzen sind die Stängel zudem mehr oder weniger stark behaart.
Beispiel: Edel-Gamander (Teucrium chamaedrys)
- auch Schafkraut
- Halbstrauch, der Ausläufer bildet
- verholzt im unteren Teil
- Stängel 4-kantig, behaart genau wie die Blätter
- Blätter oval und gezähnt
- Blüten klein, meist rosa, selten weiß
- obere Blütenblätter so stark zurückgebildet, dass sie zu fehlen scheinen
- duftet aromatisch
- kommt zerstreut auf mageren und sonnigen Kalkrasen vor, manchmal auch in lichten Wäldern
- Trockenheitsanzeiger
Merkmal 4: Geruch
Besonders auffallend bei Lippenblütlern ist der Geruch. Er ist zurückzuführen auf die enthaltenen ätherischen Öle und entsteht besonders beim Zerreiben der Blätter. Lippenblütler riechen jedoch nicht immer angenehm, deshalb gibt es hier zwei Beispiele:
Beispiel: Breitblättriger Thymian (Thymus pulegioides)
- auch Gemeiner Thymian oder Feld-Thymian
- ausdauernder Halbstrauch bis 25 cm Höhe
- 4-kantiger Stängel, am Grunde verholzt
- Blätter dünn und schmal, können sich rot verfärben
- Blüte von Juni bis September, bildet reichlich Nektar, wird gern von Insekten besucht
- Blütenfarbe rötlich, rosa, purpur
- Samenverbreitung durch Ameisen
- aromatischer Duft
- wächst in nährstoffarmen Trockenrasen, an Berghängen oder steinigen Böschungen
- licht- und wärmeliebend
Wald-Ziest (Stachys sylvatica)
- ausdauernde Staude, bis 120 cm Höhe
- 4-kantiger, leicht behaarter Stängel
- Blätter an langen Stielen, gezähnt
- Blütezeit von Juni bis September
- Blüten stehen in Scheinquirlen, dunkelrot, violett oder rosa
- Blüten duften nach Flieder
- gesamte Pflanze riecht beim Zerreiben unangenehm
- wächst gern in nährstoffreichen, feuchten Wäldern
Merkmal 5: Blütenstand
Die Blüten der Lamiaceae-Arten bilden sich in den Blattachseln und stehen in engen Scheinquirlen oder Scheinrispen, zuweilen auch in Ähren. Die Blütengröße ist unterschiedlich, häufig jedoch eher klein.
Beispiel: Oregano (Origanum vulgare)
- auch Echter Dost oder Wilder Majoran
- ausdauernde Staude bis 70 cm
- Stiel leicht behaart, 4-kantig, verzweigt
- Blätter länglich bis eiförmig, zugespitzt
- Blüte rosa oder purpur, in Scheinrispen zusammengefasst
- charakteristischer Geruch und Geschmack
- Nektarpflanze, wird hauptsächlich von Bienen und Schmetterlingen besucht
- warme, kalkhaltige Standorte werden bevorzugt, Wald- oder Heckenränder
Merkmal 6: Blütenaufbau
Der typische Aufbau einer Lippenblüte besteht aus dem Blütenkelch, mit den Kelchblättern, den Kronblättern, die miteinander verwachsen sind, den Staubfäden und dem Fruchtknoten. Die Blüte erscheint immer symmetrisch. Hier ein etwas ungewöhnliches Beispiel, da die Kronblätter alle etwas zurückgebildet sind und vierspältig erscheinen:
Beispiel: Minzen (Mentha)
- bekannte Arten: Pfefferminze, Wasserminze, Acker-Minze
- ausdauernde Stauden
- einfache Laubblätter, gesägter oder gezähnter Rand
- rosa, weißlich oder violette Blüten in Scheinquirlen
- Bestäubung durch Fliegen
- typischer, aromatisch-scharfer Geruch und Geschmack
- Standorte je nach Art feucht bis nass, aber auch trocken, Wiesen, Feld- oder Waldränder
Merkmal 7: Kronblätter
Die Kronblätter der Lippenblütler sind zu meist zwei größeren Oberlippenblättern und drei kleineren Unterlippenblättern ausgebildet. Allerdings gibt es von der charakteristischen Form mehrere Abwandlungen. Die Kronblätter können mehr oder weniger stark zurückgebildet sein. Die Blätter der Unterlippe weisen häufig unterschiedliche Muster oder Flecken auf, sie dienen als Landeplatz für Insekten.
Beispiel: Kriechender Günsel (Ajuga reptans)
- niedrigbleibende, ausdauernde Staude
- lange Ausläufer, die Wurzeln bilden
- Stängel 4-kantig, behaart, im unteren Teil leicht rötlich
- eiförmige Laubblätter bilden am Grund eine Rosette
- am Stiel gegenständig angeordnet
- Blütezeit April bis Juni
- Blütenfarbe überwiegend blau
- Oberlippe so stark zurückgebildet, dass sie zu fehlen scheint
- Unterlippe mit Musterung
- wächst gern auf lehmigen, nährstoffreichen Böden, auf Wiesen, in Gärten, an Hecken oder in Wäldern
Merkmal 8: Blütenkelch
Der Blütenkelch ist 5-zählig und glockig-röhrig geformt und mehrere Millimeter lang. Manchmal ist er mit Borsten, Höckern oder Zähnen besetzt. Insekten müssen, um an den Nektar zu gelangen, sehr tief in die Blüte eindringen.
Beispiel: Bunter Hohlzahn (Galeopsis speciosa)
- einjährige Staude bis 100 cm Höhe
- Blätter eiförmig, zugespitzt und gezähnt
- Blütezeit zwischen Juni und Oktober
- Blüte auffallend gelb, mit violetter Unterlippe
- wächst in Wäldern, auf Wiesen und Äckern, in Uferzonen auf nassen und lehmigen Böden
Merkmal 9: Staubblätter
Im Gegensatz zu anderen Pflanzenfamilien besitzen Lippenblütler 4 statt 5 Staubblätter. Bei einigen Arten sind zwei Staubblätter zurückgebildet, so dass sie nur 2 besitzen.
Beispiel: Salbei (Salvia)
- einjährig, zweijährig oder ausdauernd
- Stauden, Halbsträucher oder Sträucher
- 4-kantige Stängel, verzweigt
- Blätter häufig grün-grau, glatter oder gekerbter bis gezähnter Rand
- Blüten in Scheinquirlen
- Blütenfarbe je nach Art von weiß über gelb bis rosa, rot oder violett und blau
- Bestäubung durch Bienen und Hummeln, rote Arten meist von Vögeln
- wächst häufig an warmen Orten, zum Beispiel im Mittelmeerraum, trockenheitsliebend
Merkmal 10: Fruchtknoten
Der Fruchtknoten der Lippenblütler ist 4-teilig. In jedem Teil bildet sich nach der Befruchtung je ein Samen. Die Samenverbreitung erfolgt unterschiedlich, teilweise durch Herausschleudern, durch Wind oder über Tiere. Eine weitere Methode ist die Vermehrung über so genannte Regenballisten, das bedeutet, dass die Samen, wenn Regentropfen auf sie fallen, herausgeschleudert werden.
Beispiel: Kleine Braunelle (Prunella vulgaris)
- immergrüne, ausdauernde, kleine Staude
- bildet Ausläufer
- Stängel behaart
- Blätter elliptisch oder eiförmig, Rand gekerbt oder glatt
- blüht von Juni bis Oktober
- Blütenfarbe blauviolett
- Blütenstand leicht rötlichbraun
- Samenverbreitung über Regenballisten
- Vorkommen auf Halbtrockenrasen, aber auch an feuchten Stellen, auf Wiesen und Weiden
Merkmal 11: Befruchtung
Die Befruchtung erfolgt durch Insekten oder Vögel. Meist wird dafür eine Art Klappmechanismus verwendet. Das Insekt kriecht in den Blütenkelch und dabei klappen die Staubblätter, die sich unterhalb der oberen Blütenlippen befinden nach unten und verteilen den Polen auf dem Rücken der Tiere.
Beispiel: Zitronenmelisse (Melissa officinalis)
- ausdauernde Staude bis 100 cm
- verzweigte Stängel mit unterirdischem Rhizom
- Blätter länglich eiförmig, gesägt, spitz zulaufend
- blüht von Juni bis August
- Blüten in Halbquirlen, weißlich
- Pflanze duftet nach Zitrone
- beheimatet im Mittelmeerraum, aber auch bei uns teilweise winterhart
- an Waldrändern, in Gärten bevorzugt auf lehmigen Böden
Häufig gestellte Fragen
Nicht in unseren Breiten. Die meisten Lippenblütler sind krautige Pflanzen, einige wenige Halbsträucher. Ein bekannter, nicht heimischer Baum, der Merkmale der Lippenblütler aufweist, ist der Teakbaum.
Einige Pflanzen werden wegen ihrer Schönheit im Ziergarten verwendet. Der überwiegende Teil dient jedoch als Würz- oder Heilkraut, selbst einige wildwachsende Lamiaceae-Arten.
Einheimische Arten sind winterhart oder einjährig. Arten, die wärmere Vegetationszonen bevorzugen, müssen im Winter geschützt oder im Haus überwintert werden.
Dazu gehört zum Beispiel der Rosmarin, der auf den ersten Blick nur wenige Merkmale der Familie aufweist. Erst wenn er blüht wird offensichtlich, dass er zu den Lippenblütengewächsen gehört.