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Von winterharten Kamelien im Garten hat schon Dumas’ Kameliendame ohne jede Chance auf Realisation geträumt. Aber das war 1848, inzwischen hat sich eine Menge getan bei den Kamelien, inklusive Arten und Zuchtsorten, die den Winter im deutschen Garten gut überstehen. Allerdings nicht viele Arten und Sorten, der größte Teil der Kamelien ist in Deutschland nach wie vor nur im frostfrei aufgestellten Topf/Kübel winterhart, hier der Überblick.
Steckbrief
- Zählt zu den dekorativsten Blütenpflanzen der Welt
- Die Gattung Camellia umfasst 200 bis 300 Arten
- Mit Camellia japonica als bekanntester Kamelie
- Von der es unzählige Zuchtsorten gibt
- Die meisten davon sind wie die Wildform bei uns nicht winterhart
- Aber es gibt ein paar winterharte Zuchtsorten
- Und ein paar winterharte Arten der Kamelie
Überwinterungschancen der normalen Kamelie
Wenn “exotisch” “üppige Fülle an leuchtend gefärbten Blüten in auffallender Größe” bedeutet, kann sich die Kamelie dieses Adjektiv unbedingt anziehen. Sprachwissenschaftlich korrekt, laut Duden steht “exotisch” im engeren Sinn für “tropischen Ländern entstammend” und im weiteren Sinne (wie es umgangssprachlich häufig eingesetzt wird) einfach für “ausgefallen, ungewöhnlich”.
Ausgefallen schön ist die Kamelie auf jeden Fall, ungewöhnlich frostverträglich auch manchmal (dazu kommen wir noch); aber keine Exotin im engeren Sinne. Die Gattung Camellia hat sich (ausschließlich) in Südostasien entwickelt, mit Zentrum der Artenvielfalt in Südchina, gehört alles nicht zum Tropengürtel unserer Welt.
Wärmer als in Deutschland ist es dort allerdings, und die Kamelien haben sich bei ihrer Entwicklung einer eher mäßigen Frosthärte an diese Wärme angepasst. Im internationalen Pflanzenhandel wird die allgegenwärtige mitteleuropäische Zierkamelie “Camellia japonica” in Winterhärtezonen 8a eingestuft, mit durchschnittlichen Minimaltemperaturen von −12,2 °C.
Frosttoleranz bis −12,2 °C ist für Südostasien in Richtung Kälte schon recht großzügig ausgelegt, in Deutschland gibt es aber nur wenige besonders freundliche Ecken mit Winterhärtezone 8a. Der größte Teil von Deutschland gehört zur Winterhärtezone 7, ein wenig kalte Winterhärtezone 6 ist auch dabei.
Die Camellia japonica und die meisten ihrer Zuchtsorten können also das Klima in den meisten unserer Gärten nicht sehr gut vertragen. Wenn Sie einfach irgendeine Kamelie ohne Ausweis einer besonderen Winterhärte erwerben, sollte die deshalb in einem Kübel leben, damit sie frostfrei überwintert werden kann. Das sollte im Kalthaus unter folgenden Bedingungen geschehen:
- Die Kübel-Kamelie so lange wie möglich im Freien stehen lassen
- Noch im Freiland auf Krankheiten, Pilze, Schädlinge untersucht und ggf. behandeln
- Optimale Temperatur für das Winterquartier: 3 bis 15 °C
- Je kälter, desto besser für den Blütenansatz
- Bei Temperaturgleiche Freiland – Winterquartier Kamelie einräumen
- Möglichst heller Raum
- So viel gießen, dass die Kamelie immer leicht durchfeuchtet ist
- Auf keinen Fall Staunässe aussetzen
- Die meiste Zeit im Winterquartier nicht düngen, damit die Pflanze eine Ruheperiode durchlebt
- Wieder ausräumen, sobald die Spätfröste vorüber sind
- Zunächst täglich von einem schattigen Platz aus ein wenig “Sonne schnuppern lassen”
- Nach und nach immer mehr besonnen, bei ausreichender Wärme draußen lassen
Aber es gibt Freiland-Kamelien gar nicht so weit entfernt von Deutschland, z. B. im Tessin, wo sie in prächtigen, meterlangen und -hohen Hecken wachsen und unübersehbar winterhart sind. Der Tessin ist vom Klima her so eine Art Mittelding zwischen mediterranem und winterkaltem (deutschem) Klima, dort wachsende Pflanzen schaffen häufig auch in Deutschland die Überwinterung, vielleicht ist die winterharte Garten-Kamelie ja doch kein Traum:
Winterharte Garten-Kamelien?
Um die in Deutschland winterharte Garten-Kamelie rankt sich ein alter Streit, in dessen Verlauf die Verkäufer winterharter Garten-Kamelien schon einmal des Betruges verdächtigt werden. Seit die Kamelie im 16. Jahrhundert (durch portugiesische Seefahrer) oder im 18. Jahrhundert (durch Jesuiten-Missionare in China oder englische Kaufleute/Seefahrer, der Streit über die wahre Geschichte läuft noch) nach Europa gelangte, gibt es Geschichten um in Deutschland winterharte Kamelien, seit dieser Zeit gibt es aber auch Kamelien in Deutschland, die die These der winterharten deutschen Kamelie widerlegen.
Wie die berühmte Pillnitzer Kamelie aus Japan, die tatsächlich von 1801 bis heute im Park des Schloss Pillnitz in Dresden steht – aber in dieser ganzen langen Zeit nie ohne Winterschutz auskommen musste, während ihre drei mitimportierten Kollegen (London, Schönbrunn, Hannover-Herrenhausen) ohne weitere Erwähnung das Zeitliche segneten …
Seit etwa dieser Zeit werden Kamelien auch gezüchtet, die Kameliengärtnerei Seidel (anno 1813, in der Nähe von Dresden) hatte 1860 ein Sortiment von mehr als 1100 Kameliensorten, weniger sind es seitdem nicht geworden.
Seit etwa dieser Zeit gibt es auch Zuchtversuche, um winterhärtere Kamelien zu erschaffen. Wie man heute weiß, ein sehr schwieriges Unterfangen, da die Frost- und Winterhärte einer Pflanze von einer ganzen Menge verschiedener Gene bestimmt wird.
Rein praktisch stand der Idee der winterharten deutschen Kamelie zunächst die natürliche Blütezeit von Januar bis März im Weg, zu dieser Zeit würde in Mitteleuropa auf jeden Fall Frost die Blüten vernichten. Die wurde deshalb dem mitteleuropäischen Markt zuerst angepasst; die heutigen Kultur-Kamelien blühen im Spätwinter oder im Frühjahr. Dann kam die Winterhärte an die Reihe, auch hier konnte man Erfolge verzeichnen, die Sorten werden Ihnen gleich vorgestellt.
Vorher allerdings eine kleine Warnung: Auch in den frosthärtesten Zuchtsorten kann eine Kamelie meist nicht sofort ausgepflanzt werden, sie kommt anfangs und bei Extremkälte auch nicht ohne Ihre Hilfe über den Winter. Hier die Behandlung der künftigen Garten-Kamelie im Detail:
- Die beim Kauf angegebene Winterhärte gilt für ausgewachsene kräftige Pflanzen
- Pflanzenkinder (Jungpflanzen) sind zart und empfindlich wie alle Kinder
- Sie halten damit auch sehr viel weniger Kälte aus
- Eine jung gekaufte Kamelie muss deshalb erst im Kübel groß und kräftig werden, bevor sie in den Garten gesetzt werden kann
- Wenn es soweit ist, unbedingt im Frühjahr auspflanzen
- So hat die Kamelie bis zum Winter Zeit zum Einwurzeln und Akklimatisieren
- Sie braucht einen sonnigen, windgeschützten Standort
- Gerne auch sonst geschützt, z.B. an einer schönen warmen Hauswand
- Bei Bedarf muss sie mitten im Winter angemessenen Winterschutz bekommen
- Denn die Temperaturangaben bei den Winterhärtezonen sind Durchschnittswerte
- In Deutschland sind Ausreißer nach unten durchaus üblich
- Geeignet sind Fichten- und Tannenreisig, trockenes Laub oder Stroh (dicke Schicht von ca. 20 cm), spezielles Schutzvlies
- Oder eine dicke Mulchdecke aus verrottbarem Material
- Der Schutz wird im Wurzelbereich und bei Mulche ein gutes Stück darüber hinaus auftragen
Die winterharten Zuchtsorten
Zur Gattung Kamelie gehören 200 bis 300 Kamelienarten, von der wichtigsten Kultursorte Camellia japonica gab es schon Mitte des 19. Jahrhunderts über 1000 Sorten und gibt es heute ein Vielfaches davon – ein großes Feld, um sich nach winterharten Kamelie umzusehen. Anschließend werden verschiedene Arten und Zuchtorten vorgestellt, die von Fachleuten geprüft einer bestimmten Winterhärtezone zugeordnet wurden:
1. Camellia japonica
Die wichtigste Kultur-Kamelie und einzige weit verbreitet als Zierpflanze genutzte Art ist die Camellia japonica oder Japanische Kamelie. Die englische Royal Horticultural Society (RHS, berühmter britischer Verein zur Förderung der Gartenbaukunst) kümmert sich viel um die Zuchtsorten der Camellia japonica. Sie hat die gleich vorgestellten Zuchtsorten sämtlichst mit ihrem “Award of Garden Merit” ausgezeichnet, was erst nach Testkultur und Prüfung erfolgt. Diese Zuchtsorten der C. japonica vertragen laut RHS -10 bis -15 °C (Winterhärtezone 8a bis 7a):
- ‘Adelina Patti’
- ‘Adolphe Audusson’
- ‘Akashigata’
- ‘Alba Plena’
- ‘Alexander Hunter’
- ‘Annie Wylam’
- ‘Australis’
- ‘Ballet Dancer’
- ‘Berenice Boddy’
- ‘Bob Hope’
- ‘Bob’s Tinsie’
- ‘Bokuhan’
- ‘CM Hovey’
- ‘Carter’s Sunburst’
- ‘Commander Mulroy’
- ‘Desire’
- ‘Doctor Tinsley’
- ‘Drama Girl’
- ‘Gloire de Nantes’
- ‘Grand Prix’
- ‘Grand Slam’
- ‘Guilio Nuccio’
- ‘Hagoromo’
- ‘Hakurakuten’
- ‘Joseph Pfingstl’
- ‘Jupiter’
- ‘Konronkoku’
- ‘Lavinia Maggi’
- ‘Mars’
- ‘Masayoshi’
- ‘Mercury’
- ‘Nobilissima’
- ‘Nuccio’s Gem’
- ‘Nuccio’s Jewel’
- ‘RL Wheeler’
- ‘San Dimas’
- ‘Sylva’
- ‘Tricolor’
2. Camellia × williamsii
Camellia × williamsii entstand im letzten Jahrhundert aus einer Kreuzung der Camellia japonica mit der gut kälteverträglichen Camellia saluenensis und war die erste in Mitteleuropa winterharte Kamelie, stolz vorgestellt vom englischen Züchter John Charles Williams. Von der RHS prämiert und auf Winterhärte bis -10, -15 °C (Winterhärtezone 8a, 7a) geprüft wurden folgende Sorten der Hybride:
- ‘Anticipation’
- ‘Bowen Bryant’
- ‘Brigadoon’
- ‘China Clay’
- ‘Daintiness’
- ‘Debbie’
- ‘Donation’
- ‘E.T.R. Carlyon’
- ‘Elegant Beauty’
- ‘Elsie Jury’
- ‘Freedom Bell’
- ‘George Blandford’
- ‘Glenn’s Orbit’
- ‘J.C. Williams’
- ‘Julia Hamiter’
- ‘Jury’s Yellow’
- ‘Les Jury’
- ‘Muskoka’
- ‘Saint Ewe’
- ‘Senorita’
- ‘Water Lily’
3. Camellia sinensis
Camellia sinensis ist die wichtigste Nutzpflanze unter den Kamelie, es handelt sich um die Teepflanze. Da es sich bei der robusten Nutzpflanze auch um eine sehr dekorative Pflanze handelt, sind schon viele Menschen auf die Idee gekommen, den Teeanbau in den eigenen Garten zu verlegen.
Das könnten Sie auch ausprobieren, die attraktive Pflanze mit den großen grünen Blättern und den schönen weißen Blüten ist für Winterhärtezone 7a ausgewiesen (und es soll tatsächlich möglich sein, aus der Ernte trinkbaren Tee herzustellen). Sie müssten allerdings darauf achten, das kleinblättrige, kälteresistente Hochlandgewächs namens “Camellia sinensis var. sinensis” (Darjeeling-Tee) zu erwerben. Die zweite Tee-Kamille, “Camellia sinensis var. assamica” (Assam-Tee) ist zwar schnellwüchsiger und großblättriger, gehört aber zur Winterhärtezone 10b und hält überhaupt keinen Frost aus. Die reinen Sorten werden weltweit immer mehr durch Hybrid-Zuchtsorten verdrängt, deren Winterhärte-Eignung Ihnen der Händler für die spezielle Sorte verraten müsste.
4. Camellia oleifera
Die Camellia oleifera wird in Europa seit 1811 als Nutzpflanze zur Gewinnung von Teeöl (nicht zu verwechseln mit Teebaumöl) kultiviert. Also noch eine robuste, unverzüchtete Kamelie mit erheblichem Zierwert, die ab Herbstmitte einzelne weiße duftende Blüten entwickelt.
Und besonders für den deutschen Garten interessant ist, seit das U.S. National Arboretum (Nationaler Gehölzgarten der USA) vor ein paar Jahren die Zuchtsorte Camellia oleifera ‘Lu Shan Snow’ vorgestellt hat, die sagenhafte -23,3 °C aushält und damit zur Winterhärtezone 6 gehört.
5. Camellia maliflora
Camellia maliflora ist eine Wildform der Kamelie, die gerne in Gärten gepflanzt wird. Laut Website eines “Pacific Northwest Backyard-Gardeners” (https://www.backyardgardener.com/plantname/camellia-maliflora-maliflora-camelia/) hält die Camellia maliflora USDA-Winterhärtezonen 7 bis 8 aus. Auf der Seite eines sächsischen Kamelie-Gärtners wird sie als “nicht winterhart” angeboten, er setzt die “Camellia rosiflora” daneben, die mit Winterschutz bis -10 °C aushalten soll.
Häufig gestellte Fragen
Mir wurde zur Überwinterung der Kamelie bei 7 °C geraten, während ein Kalthaus üblicherweise bis 18 °C haben darf und ein kühles Schlafzimmer einbezieht?
Der Ratgeber hatte sicher die Blüteninduktion der Kamelie im Auge, die nur an einem kühlem Standort erfolgt – je kühler, desto sicherer. 18 °C geht zur Not, dann etwas mehr gießen als bei kalter Überwinterung. Aber die nächste Blüte könnte mickrig ausfallen.
Meine Kamelie zeigt sich im Frühjahr leicht gerupft (Blattverlust), woran liegt das?
Nach der Überwinterung? Vielleicht liegt es an zu warmer/dunkler Überwinterung, vielleicht an sonstigen Pflegefehlern: Zu viel Dünger, Wasser, Säure, Staunässe etc. Vielleicht liegt es einfach nur an der Natur, Kamelienblätter werden rund drei Jahre alt. Vielleicht liegt es auch daran, dass Kamelien recht heikel sein können und sich über irgendeine kleine Änderung beschweren, in Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Lichteinfall…