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Tomaten schmecken sehr vielen Gärtnern, besonders selbstgezogene, die nach Tomate schmecken und nicht nach eingefärbtem Wasser. Bloß die (übliche) Pflege schreckt viele Gärtner ab. Jeden Tag Hand angelegen – das berühmte Ausgeizen – ist nicht jedermanns Geschmack. Auch die Kraut- und Braunfäule hat in den letzten Jahren oft die Tomatenfreude verdorben – lesen Sie nachfolgend von gerade neu gezüchteten Tomatensorten, die mit wenig Pflege auch im deutschen Garten gedeihen, bei denen Sie das Ausgeizen bzw. Schneiden vergessen können und die Sie durch Samen von Jahr zu Jahr überwintern können. Alles zur Pflege von Tomatenpflanzen.
Steckbrief
- Tomaten gehören zur Familie der Nachtschattengewächse
- Ihre Gattung heißt Nachtschatten
- Bei den Nachtschatten stellen die Tomaten eine eigene Sektion
- Deren wissenschaftlicher Name ist “Solanum sect. Lycopersicon”, mit 13 Arten
- Die Tomate selbst trägt den botanischen Namen “Solanum lycopersicum”
- Sie ist wie ihre “Geschwister” im westlichen Südamerika zu Hause
- Sie gelangte aber schon im 16. Jahrhundert nach Europa
- Tomaten werden weltweit kultiviert und gezüchtet, es gibt unglaublich viele Sorten
Sortenwahl für den Garten
Das entscheidende am Gelingen eines “Projekts Tomatenanbau” ist die Auswahl der richtigen Sorte, bei den Tomaten kein ganz einfaches Unterfangen, weil Sie die Auswahl zwischen so rund 5.000 bis 10.000 Zuchtsorten haben (viele nicht eingetragene, genau weiß niemand die Zahl). Wovon die gängigen, im Handel eingesetzten Sorten nicht die empfehlenswerten Sorten für den Hausgärtner sind, aus zwei Gründen:
1. Im Handel stehen bestimmte Zuchtziele im Vordergrund, z. B. hoher Ertrag; Wuchsformen, die schnelle Fruchtentwicklung begünstigen und Tomaten von einheitlicher Größe, Gewicht und Farbe hervorbringen. Das sind Tomaten mit festen Früchten, die gut transportfähig und lange haltbar sind, aber andere Eigenschaften eingebüßt haben, nicht selten die “Eigenschaft guter Geschmack”, und im Extremfall gentechnisch verändert wurden wie die legendäre “Antimatschtomate” im Eigentum der US-Firma Monsanto.
Diese bieten sich für den Hausgärtner zunächst deshalb nicht an, weil sein Ziel selten die Rekordernte ist. Wenn wir Gemüse im eigenen Garten anbauen, wollen wie viel eher bessere Qualität als bei den industriell produzierten pflanzlichen Nahrungsmitteln, mehr Frische und die Gewissheit, dass wir Nahrung ohne Pflanzenschutzmittel zu uns nehmen. Deshalb können wir alte, durch traditionelle Zuchtauslese und nicht durch Gentechnik entstandene Tomatensorten wählen. Die nicht auf Höchstertrag gezüchtet sind, sondern mit vollem Tomatengeschmack überzeugen; die nicht mühevoll Trieb für Trieb ausgegeizt werden müssen, sondern nach Auswahl der Haupttriebe einfach wachsen und Früchte entwickeln dürfen.
2. Diese vom Handel eingesetzten und im üblichen Gartencenter verkauften Zuchtsorten sind aber noch aus anderen Gründen häufig nicht die erste Wahl für Hobbygärtner: Heutzutage werden auch für Hobbygärtner oft Samen von F1-Hybriden angeboten, die (wenn nicht ohnehin unfruchtbar) nur in dieser Generation die gewünschten Ergebnisse bringen, also dem Gärtner keine Folgekultur oder Zucht ermöglichen, sondern jedes Jahr neu gekauft werden müssen. Diese Samen werden “industriell hergestellt”, oft im Warmen, die wärmeliebende Tomatenpflanze wird nicht auf unser Klima abgehärtet, solchen Tomaten ist es bei uns zu kalt und die Vegetationsperiode ist zu kurz (zu den restlichen Problemen durch F1-Hybriden siehe “Die besten Tomatensorten – Alte & historische Tomaten”).
3. In unserem Klima Tomaten im Garten anzubauen, hat eine lange Tradition. Es gab alte Tomatensorten, die sich nach und nach immer besser an unser Klima angepasst haben. Bis zur Kraut- und Braunfäule, ein schon als Auslöser von Hungersnöten bekannter Pilz namens Phytophthora infestans, der in den 1980er Jahren aus Südamerika in einer neuen aggressiven Form bei uns eingeführt wurde. Seitdem hat fast jeder Gärtner, der Freilandtomaten anbaut, schon Tomaten mit absterbenden Blättern und halbreifen Früchten mit dunklen Stellen herangezogen, bis der Pilz so aggressiv wurde, dass Tomatenanbau unter freiem Himmel und ohne Regenschutz schon fast unmöglich war.
Die Sorten für die deutschen Gärtner
Der Ärger mit der Kraut- und Braunfäule rief die Wissenschaft auf den Plan, z. B. begann die Abteilung Züchtungsforschung der Universität Göttingen vor etlichen Jahren mit der Zucht ökologisch (ohne Einsatz chemische Fungizide) anbaubarer Sorten von Freilandtomaten. Hier sind die Zuchtsorten, auf die die Hausgärtner gewartet haben:
- ‘Primabella’: Cocktail-Tomate mit festen, saftigen und aromatischen Früchten, die so vital und wüchsig sein soll, dass sie buschförmig mit mehreren Trieben gezogen werden kann.
- ‘Primavera’: Tomate mit besonders früh reifenden, leuchtend orange-roten Früchten, robuste Tomate mit mittlerer Wuchskraft.
- ‘Matina’: Schwachwüchsige, aber sehr früh reifende Salattomate, damit auch für Freilandanbau geeignet, reich tragend.
- ‘Paprikaförmige’: Einzige bisher für Freiland-Anbau empfehlenswerte Fleischtomate mit um 300 g schweren, aromatischen Früchten.
- ‘Rote Murmel’: Als Wildtomate recht problemlos und pilzfrei im Freiland-Anbau, zuckersüß und fruchtig, keinerlei Ausgeizen etc. nötig.
- ‘Golden Currant’: Ebenfalls eine Wildtomate mit gelben Früchten, die bis auf ev. Hochbinden völlig frei wachsen darf.
- ‘Matina’, ‘Kleine Gelbe aus Estland’, ‘Hoffmanns Rentita’ und Balkonstar stehen als Spezialisten für Balkon und Co. bereit.
Anzucht
Je mehr Wärme Tomaten bekommen, desto mehr Aroma entwickeln sie, auch speziell für unser Klima gezüchtete Sorten sollten also im Warmen angezogen werden. Sie können bei Temperaturen von 20 bis 25 °C von Anfang bis Mitte März ausgesät werden. Sie brauchen eine gute Anzuchterde, wenn Sie als “richtiger Gärtner richtige Tomaten” ziehen möchten, eher nicht im Beutel gekauft. In diesen Beuteln kaufen Sie sterile Substrate, die vielleicht auch noch durch Torfgehalt zur Schädigung ihrer eigenen Umwelt beitragen.
Anzuchterde geht einfacher: Sie nehmen reifen Kompost (gibt es in eigentlich jeder Gemeinde auch preiswert zu kaufen selbst), reduzieren den zu hohen Nährstoffgehalt durch Einmischen von Erde und Sand, und mischen vielleicht noch einen guten Teil Kokosfasern oder anderen Torfersatz unter, damit sie schön locker wird. Das Grundrezept für eigene Anzuchterde sieht so aus:
- Gute Gartenerde, ca. ein Drittel
- Bis gut ein weiteres Drittel reifer Gartenkompost
- Etwa ein weiteres Drittel auflockernder Grünschnittkompost oder Lauberde, beide schon gut zersetzt
- Der Rest besteht aus Sand oder weiteren lockernden Substanzen
Standort und Boden
Tomaten sollten den sonnigsten, wärmsten und luftigsten Standort bekommen, den Sie zu bieten haben. Gerne unter einer Überdachung (wenn Tomaten nicht dauernd beregnet werden, schützt das zusätzlich vor Pilzbefall), und nicht unbedingt in der glühendsten Mittags-Sonne, in der kann jede Pflanze schlappmachen. Die oben genannten, “deutschlandtauglichen” Sorten können allerdings auch ohne Regenschutz angebaut werden, was Ihnen einigen Aufwand für die Bewässerung erspart.
Je nach Aufzucht (dazu gleich) wird der Platz bemessen. Wildtomaten brauchen immer viel Platz, sie sollten frei wachen können und werden auf einem guten Boden pro Pflanze bis gut 2 Quadratmeter einnehmen.
Wenn die Jungpflanzen ins Freie können, sollte ein gut nährstoffreicher, durchlässiger Boden auf sie warten, gerne Lehmboden, gerne recht kalkhaltig. Tomaten brauchen feuchten, aber wirklich lockeren Boden, Sie strecken ihre Wurzeln tief in die Erde, bis zu einem Meter.
Auspflanzen und Aufzucht
Die Jungpflanzen werden ins Freie gesetzt, wenn sie gerade Blüten ansetzen, frühestens Mitte Mai, nach den Eisheiligen. In welchen Abständen Sie die Tomaten setzen, hängt von der geplanten Aufzucht ab, und hier haben Sie die Wahl:
Sie können Tomatenpflanzen “herkömmlich” aufziehen, also gemäß der deutschsprachigen Gartenbaubücher des letzten halben Jahrhunderts, in denen Hobbygärtnern beigebracht wird, ihre Tomatenpflanzen eintriebig an Stäben hochzuziehen, also alle Nebentriebe wegzunehmen. Dieses “Ausgeizen” macht viel Arbeit, fast täglich müssen überschüssige Triebe abgeknipst werden.
“Herkömmlich” heißt aber nicht unbedingt “nach alter Gärtner-Tradition”, die gibt es schon länger als die Gartenbaubücher des letzten halben Jahrhunderts, die nach dem Krieg eine bessere Versorgung ermöglichen sollten. Da waren viele Motive im Spiel, die heute nicht mehr unbedingt Gewicht haben: In Privatgärten, die in Kriegszeiten der Kriegsversorgung mit Vitaminen dienen sollten, wurden wenige Tomatenpflanzen gesetzt, die dann durch sorgfältiges Ausgeizen jedes Triebes zu Höchsterträgen gebracht werden sollten – Samen und Jungpflanzen waren rar, wie viel die Mühe die Aufzucht machte, zweitrangig. Die aufkommende Pflanzenschutzmittel-Industrie leistete ihren Beitrag, keine Tomate sollte von einem Schädling weggefressen werden, dass die Schädlingsvernichtung vielleicht auch für den Gärtner ungesund war, war damals kein Thema.
Sie können Tomaten auch wirklich nach alter Gärtner-Tradition sehr viel natürlicher aufziehen:
- Tomaten wollen in die Breite wachsen, durch Zucht am Stab und Ausgeizen wird dieser natürliche Wuchs behindert.
- Wenn Sie Busch- oder Strauchtomaten wählen, kommen Sie sowieso um das Ausgeizen herum, die dürfen frei wachsen.
- Bei normalen Tomaten wird normalerweise empfohlen, die Pflanzen bis auf einen Haupttrieb auszugeizen, damit die Früchte größer werden.
- Wenn Sie hier kleinfrüchtige Sorten wählen, können Sie zwei bis drei Haupttriebe stehen lassen.
- Sie können aber jede Tomate auch einfach weniger ausgeizen, sie setzt dann eben mehr und kleinere Früchte an.
- Was ja nicht unbedingt ein Nachteil sein muss bei einem Fruchtgemüse, bei dem man ohnehin ständig darum kämpft, die Früchte in der an sich zu kurzen Kulturzeit zur Reife zu bringen …
- So ist es bei Tomaten durchaus “alte Gärtner-Tradition”, Tomatenpflanzen am Boden liegend zu kultivierten.
- Das hat ein mutiger Tomatenbauer einfach wieder aufgenommen:
- Erich Stekovics pflanzt jede Saison zehntausende Tomaten, die er einfach auf Strohmulch dahin wachsen lässt, wie sie wollen.
- Er soll sehr gute Ernten einfahren, das Ausprobieren ist es also sicher wert.
Gießen und Düngen
Gegossen wird regelmäßig und ausreichend. Nicht zu viel und immer von unten, die Blätter der Tomaten sollten nicht feucht werden.
Tomaten werden in gut nährstoffreiche Erde gepflanzt, die können sie gerne im Frühsommer ein paar Zentimeter hoch anhäufeln, dann wachsen zusätzliche Wurzeln zur Nährstoffaufnahme. Nach Ausbildung der Blüte und nach Beginn des Fruchtansatzes gibt es wieder Nährstoffe, am besten organischen Dünger mit wenig Stickstoff.
Vermehren und Überwintern
Wenn Sie samenfeste Sorten kaufen, können Sie den Tomaten Samen entnehmen und daraus die nächsten Tomatenpflanzen ziehen, so überwintert “Ihre” Tomate. Mit ‘Primabella’ und Co. vermeiden Sie aber nicht nur, ständig Hybridsaatgut nachzukaufen, sondern können sogar durch Auswahl der Samen der schönsten Tomaten zum Züchter werden, auch der Balkongärtner wird so zum Bewahrer der Sortenvielfalt.
Eine andere Möglichkeit, normale “echte” Tomatenpflanzen zu überwintern, gibt es nicht, auf jeden Fall keine sinnvolle, es wird immer unheimlicher Aufwand.
Häufig gestellte Fragen
Tomatenpflanzen sollen mehrjährig und im Haus zu überwintern sein?
Eigentlich sind sie mehrjährig, in ihrer Heimat jedenfalls, bei uns sie meist auch bei Überwinterung im Haus zwar nicht mehr an Kälte, aber an Lichtmangel sterben. Im Moment werden Zuchtsorten angeboten, die mehrere Jahre auf der Fensterbank überwintern und im Winter Früchte tragen sollen, da wäre jedoch sicher zu prüfen, ob diese Sorten durch künstliche Manipulationen entstanden sind. Aber niemand hindert Sie, mit “echten” Tomaten zu experimentieren, im Internet finden Sie auch alte Sorten aus Sibirien.
Ich habe gute Erde im Garten – kann ich die als Anzuchterde nehmen?
Natürlich können Sie, nur aufgelockert muss sie werden – auch Gartenerde, in der draußen alles keimt, wird in einer Anzuchtschale gerne betonhart. Dazu können Sie Kompost einbringen, Sand und alle möglichen Torfersatzstoffe. Oben im Artikel gibt es ein Grundrezept für Anzuchterde, der Rest ist dann Erfahrung. Die Verwendung von mit Gartenerde selbst gemischter Anzuchterde anstatt fertiger Substrate wird von erfahrenen Gärtnern auf jeden Fall empfohlen, damit die Tomaten später in Gartenerde klarkommen.