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Die einen schwören darauf, die anderen sehen darin eine unnötige Maßnahme, die sogar die Gesundheit der Pflanze aufs Spiel setzt – die Rede ist vom Ausgeizen der Tomatenpflanzen. Beide Lager liegen mit ihrer Einstellung nicht ganz falsch. Wie so oft liegt die Wahrheit in der goldenen Mitte. Denn ob es überhaupt notwendig ist, die Tomaten vom Ausgeizen profitieren oder dadurch Schaden nehmen, hängt von einigen Faktoren ab. Worauf zu achten ist, worum es sich beim Ausgeizen handelt und wie es durchgeführt wird erfahrene Interessierte hier.
Ausgeizen
Wer zum ersten Mal davon hört, kann durch den Begriff des Tomaten Ausgeizens verwirrt sein. Dabei handelt es sich um eine eigentlich einfache Maßnahme. Beim Ausgeizen werden spezielle Triebe, sogenannte Geiztriebe, von der Pflanze entfernt. Dies kann durch das Abbrechen oder Abschneiden erfolgen. Weil die Triebe von dem Gewächs genommen werden, wird ein gerader, aufrechter und schlanker Wuchs erzwungen. Wer auf die Maßnahme verzichtet, erhält also – je nach Sorte – einen umfassenden Umfang und eine eher buschige Tomatenpflanze.
Vorteile
Geiztriebe entziehen der Pflanze große Mengen Nährstoffe und Energie. Die Tomate hat dadurch weniger Kraft, um Früchte hervorzubringen. Wird die Tomate ausgegeizt, trägt sie in aller Regel also mehr und größere Früchte. Dennoch benötigt sie insgesamt weniger Platz im Garten oder Kübel, da sich die Geiztriebe nicht buschig ausbreiten oder gar über den Boden schlängeln.
Eine reiche Ernte auf kleinem Raum ist also auch bei größeren Tomatensorten durch diese Maßnahme möglich.
Zudem können die entfernten Triebe zur Vermehrung oder als Dünger weiterverwendet werden.
Gerade im Gewächshaus oder bei einem sehr engen Stand der Pflanzen hat das Ausgeizen einen weiteren Vorteil: Es beugt der Ausbreitung von Pilzerkrankungen, wie beispielsweise Fäulnis, vor. Da die einzelnen Triebe luftiger stehen und mehr Platz erhalten, ist das Risiko von Ansteckungen reduziert.
Nachteile
Egal ob die Geiztriebe abgeschnitten oder -gebrochen werden, es entstehen offene Wunden an der Pflanze. Diese können es Krankheitserregern erleichtern, in die Gewächse einzudringen. Zudem verliert die Tomate durch den hohen und schlanken Wuchs an Stabilität und muss angebunden werden, um nicht dem nächsten Windstoß zum Opfer zu fallen. Dieser Fall kann allerdings auch bei natürlich buschig wachsenden Pflanzen eintreten.
Ein dritter potenzieller Nachteil ist der mit dem Ausgeizen der Tomaten verbundene Aufwand. Ideal ist es, die Geiztriebe zu entfernen sobald sie sichtbar werden – ein wöchentlicher Einsatz ist also angeraten. Die Arbeit beschränkt sich dann je nach Pflanzenanzahl auf wenige Minuten. Kann diese Zeit nicht aufgebracht werden und die unerwünschten Triebe werden in größeren Abständen entfernt, ist der Aufwand meist höher.
Weiterhin könnten bei unsachgemäßem Vorgehen anstatt der unerwünschten Geiztriebe versehentlich fruchttragende Triebe entfernt und damit der Ertrag verringert werden. Wer die beiden Triebarten unterscheiden kann, geht dieses Risiko natürlich nicht ein.
Zeitpunkt
Sobald die jungen Tomatenpflanzen ins Beet gesetzt werden, kann auch mit dem Ausgeizen begonnen werden. Die Maßnahme wird solange durchgeführt, bis die Früchte bereit zur Ernte sind, dann kann darauf verzichtet werden.
Im Normalfall erstreckt sich die arbeitsreiche Phase also etwa von Juni bis September.
Bereit zum Ausgeizen sind die Tomaten, wenn sich die kraftraubenden Triebe gerade so zeigen – sie also nur wenige Zentimeter lang sind. Dieses frühzeitige Eingreifen hat gleich mehrere Vorteile. So sind die entstehenden Wunden an den Pflanzen sehr klein und schließen sich schnell. Die Gefahr eindringender Keime ist dadurch geringer.
Weiterhin haben die Geiztriebe der Pflanze weniger Kraft entzogen, umso mehr und größere Früchte können ausgebildet werden. Es ist also besser, wöchentlich oder aller zwei Wochen die Tomaten auszugeizen, als monatliche Kahlschläge zu betreiben.
Fruchttragende und Geiztriebe
Das wohl größte Bedenken und für viele ein Grund völlig auf das Ausgeizen der Tomaten zu verzichten, ist die Unterscheidung von fruchttragenden und kraftzehrenden Trieben. Dabei ist diese ganz einfach, vor allem, wenn sich die Geiztriebe gerade erst zeigen.
Geiztriebe finden sich nicht direkt am Haupttrieb der Tomate. Stattdessen sitzen sie in den sogenannten Blattachseln. Hierbei handelt es sich um die Schnittstelle zwischen dem Haupttrieb und einem Fruchttrieb. Die geizenden Triebe sprießen also mittig zwischen zwei Stängeln, dem Haupttrieb und einem Seitentrieb, hervor. Sind die unerwünschten Pflanzenteile noch sehr klein, ist das besonders gut zu erkennen. Werden sie kräftiger und länger, drücken sie die Blattachseln auseinander. Dadurch wird es schwieriger, die verschiedenen Arten sicher voneinander zu unterscheiden.
Anleitung
Für das Tomaten ausgeizen sollte am besten ein trockener und warmer oder leicht windiger Tag gewählt werden. Abgesehen hiervon ist nur etwas Zeit von Nöten, auf Schnittwerkzeuge kann verzichtet werden.
Vorgegangen wird wie folgt:
- Die Tomate wird von oben nach unten auf Geiztriebe hin kontrolliert. Das erleichtert die Arbeit.
- Ist ein kleiner Geiztrieb gefunden, der kürzer als fünf Zentimeter und noch sehr weich ist, wird dieser zwischen Daumen und Zeigefinger genommen. Mit dem Nagel des Daumens wird er dicht an der Blattachsel abgeknipst. Größere Triebe werden ebenfalls dicht an der Pflanze abgebrochen.
- Die untersten Geiztriebe, die knapp über dem Erdboden sprießen, werden stehengelassen. Diese verleihen der Pflanze mehr Stabilität.
- Die offenen Wunden müssen möglichst schnell abtrocknen. Ein leichtes Abtupfen mit einem Tuch kann diesen Vorgang beschleunigen.
Natürlich kann zum Entfernen der Pflanzenteile auch ein Schnittwerkzeug, also Messer oder Schere, eingesetzt werden. Dies hat allerdings nicht nur Vorteile.
Brechen oder Schneiden
Um die Wahl zwischen Brechen und Schneiden streiten sich die Geister. Die einen meinen, nur das Abknipsen oder Abbrechen sei erlaubt. Die anderen schwören auf den Einsatz einer scharfen Schere oder eines spitzen Messers. Beide Varianten haben aber Vor- und Nachteile.
Werden nur die Finger und Fingernägel eingesetzt, geht das Ausgeizen meist schneller von statten. Weil nicht erst mit Schnittwerkzeugen hantiert werden muss, ist es auch weniger aufwendig. Zudem könnten nicht versehentlich weitere Pflanzenteile zwischen die Klingen geraten.
Allerdings können leichter Krankheitskeime eingetragen werden, wenn nicht zwischen jeder behandelten Pflanze Hände oder Handschuhe gründlich gereinigt werden. Der verfärbende Pflanzensaft hinterlässt außerdem Spuren auf der Haut und an den Nägeln. Das lässt sich allerdings vermeiden, wenn entweder Handschuhe getragen oder aber dicke Cremeschichten aufgetragen werden. Wer zudem nicht kräftig und schnell genug abbricht oder -knipst, läuft Gefahr sehr unregelmäßige Wunden zu hinterlassen und einzelne Fasern nicht vollständig abzutrennen.
Anders bei der Arbeit mit Schnittwerkzeugen. Diese hinterlassen gerade und ebene Wunden, die meist etwas schneller abtrocknen. Zudem lassen sie sich schnell und einfach mit etwas Desinfektionsmittel und einem Tuch zwischenreinigen, sodass die Gefahr für übertragene Krankheiten geringer ist.
Gerade bei sehr kleinen Geiztrieben und Gewächsen ist es jedoch gerade mit dem Messer schwieriger, diese richtig zu entfernen. Mit einer ebenfalls kleinen Schere lässt sich das vermeiden. Auch hierbei ist es jedoch meist umständlich, nur den gewünschten Trieb zwischen die Klingen zu bekommen.
Zudem haben Geiztriebe eine recht einfache Bruchstelle. Werden sie hingegen abgeschnitten, können die Schnitte zu nah oder zu weit vom Haupttrieb entfernt liegen.
Wer auf Sauberkeit achtet, kann also das Abbrechen und -Knipsen bevorzugen. Ein Muss ist es allerdings nicht.
Sicherheitshinweise
So einfach das Ausgeizen der Tomaten ist, werden einige Punkte nicht beachtet, kann die Pflanze dabei Schaden nehmen.
Wichtig ist das Folgende:
- Auf Sauberkeit achten, um Ansteckungen zu vermeiden
- Niemals an den Geiztrieben reißen, da hierbei auch andere Triebe abgehen könnten
- Die Tomatenpflanzen anbinden, um ihnen Stabilität zu geben
- Bei Regen das Ausgeizen verschieben, damit die Wunden schneller abtrocknen und sich schließen können
Geiztriebe weiterverwenden
Wie bereits erwähnt, müssen die beim Ausgeizen der Tomaten anfallenden Triebe nicht im Müll oder auf dem Kompost landen. Stattdessen können sie sinnvoll weiterverwendet werden.
Triebe, die bereits eine Größe von etwa 15 Zentimetern erreicht haben, eignen sich zur Vermehrung der Tomate. Zu diesem Zweck werden sie lediglich für etwa eine Woche in Wasser gestellt. Sie bewurzeln in der Regel schnell und können dann direkt ins Freiland gepflanzt werden. Abhängig vom Zeitpunkt und der Größe der Geiztriebe, können sie sogar noch im gleichen Jahr Früchte tragen.
Wer bereits ausreichend Tomatenpflanzen im Beet hat, kann die Geiztriebe als Dünger verwenden. Dazu werden sie direkt in die Erde unter den Pflanzen eingearbeitet, den Gewächsen bekommt das sehr gut und es spart sowohl Aufwand als auch Geld.
Vorbeugung
Keine Lust auf den Aufwand des Tomaten ausgeizens? Dann sollte bei Vorzucht und Standort der Tomaten auf ausreichend Licht und Wärme geachtet werden. Stehen die Pflanzen zu dunkel oder zu kühl, wachsen sie stark buschig und damit in die Breite – es werden also zahlreiche Geiztriebe ausgebildet.
Bei einem hellen und warmen Standort zieht es die Pflanzen hingegen in Höhe – so erreichen sie also von allein die gewünschte Form und das Ausgeizen ist nur in geringem Maße notwendig.
Ausnahmen
Nicht jede Tomate muss und sollte ausgegeizt werden. Lediglich Stabtomaten bekommt diese Maßnahme gut. Strauchtomaten sollen hingegen buschig wachsen, das Ausgeizen würde hier also mehr Schaden anrichten, als Gutes zu tun.
Bekannte Arten der strauchig wachsenden Tomaten sind:
- Cocktailtomaten
- Johannisbeer-Tomaten
- Wildtomaten
- Party-Tomaten
- Buschtomaten
Blätter
Einige Gärtner treiben das Ausgeizen noch weiter und entfernen nicht nur Geiztriebe, sondern auch Blätter an den Fruchttrieben. Die Idee dahinter ist dem des Ausgeizens ähnlich. Die Früchte sollen mehr Energie und Sonne erhalten, die Pflanze insgesamt luftiger und damit weniger anfällig für Pilzerkrankungen sein.
Leider sind diese vermeintlichen Vorteile ein Irrglaube. Werden die Blätter an den Fruchttrieben entfernt, kann die Pflanze weniger Energie herstellen und speichern. Denn anders als die Geiztriebe, dienen diese Blätter der Gewinnung von Sonnenlicht und entziehen dem Gewächs keine Kraft. Sie sollten also unbedingt an der Tomate verbleiben.
Ausnahmen sind hier Befälle durch Schädlinge und beschädigte Blätter. Diese sollten umgehend entfernt werden.
Häufig gestellte Fragen
Ist das Ausgeizen der Tomate immer notwendig?
Nein. Die Tomate wird auch ohne das Ausgeizen Früchte tragen. Bei Strauchtomaten ist das Ausgeizen zudem gar nicht sinnvoll.
Sollte beim Tomaten ausgeizen geschnitten oder gebrochen werden?
Beide Varianten sind möglich und haben sowohl Vor- als auch Nachteile. Das Abbrechen ist meist günstiger, kann die Pflanze jedoch auch verletzen, wenn dabei nicht vorsichtig vorgegangen wird. Das Abschneiden ist etwas aufwendiger, erzeugt dafür aber glattere Wunden.