Nur wenig Zeit? Dann lies unsere Tipps für Schnellleser.
Wenn Sie auf einen Stuhl steigen, weil ein zarter Weberknecht Ihre Räume durchkrabbelt und angesichts jeder Wespe in panisches Fuchteln verfallen, halten Sie ein “Insektenhotel” sicher für eine merkwürdige Idee. Unsere Umwelt ist aber voll von winzigen Nützlingen, und diese Nützlinge werden nicht so genannt, weil sie für irgendwen nützlich sind – Nützlinge bekommen diesen “Ehrentitel” nur, wenn sie für uns Menschen nützlich sind, weshalb es eine gute Idee ist, ein Insektenhotel für Nützlinge selber zu bauen. Nachfolgend erhalten Sie Anregungen, um dieses Insektenhotel für Nützlinge zu bauen.
Die Hotelbewohner
Bei den Nützlingen handelt es sich um Bienen, und zwar um Wildbienen, und die werden gerade immer wichtiger für uns. Sie werden deshalb immer wichtiger für uns, weil die Menschen es geschafft haben, unseren “hauptberuflichen Bestäubern”, den Honigbienen, durch industrialisierte Landwirtschaft mit übermäßigem Chemieeinsatz und dadurch verursachte Bienenkrankheiten so zuzusetzen, dass sie als ernsthaft bedroht angesehen werden.
Heute wird Gift (Pestizid) bei der Produktion der meisten unserer Lebensmittel eingesetzt, das zeigt Auswirkungen, in den letzten 20 Jahren ist die Zahl unserer Honigbienen um über 40 % zurückgegangen – demnächst könnten wir also nur noch halb so viel Honigbienen haben. Deshalb werden die Wildbienen immer wichtiger, die die Honigbienen bei ihren Bestäubungsaufgaben ersetzen müssen, wenn die Fruchtbarkeit unserer Pflanzenwelt erhalten bleiben soll.
Worin liegt der Zweck dieses “Hotels”?
Anders als die Honigbienen, die in einem geordneten Staatsgefüge leben, für das der Imker einen geeigneten Wohnbau bereitstellt, müssen die Wildbienen sich ihre Behausungen alleine bauen.
Das haben Wildbienen auch immer gerne getan, wobei die vielen unterschiedlichen Arten viele verschiedene Überlebensstrategien entwickelt haben: Sandbienen graben sich einfach Brutkammern in den Sand, Hummeln bauen Nester über und auch einmal unter der Erde, andere Wildbienen-Arten legen ihre Brut in Fraßgängen von Käfern in altem Holz ab und versorgen sie dort, die nächsten Wildbienen nutzen Löcher und Spalten in großen Bäumen, Holzschuppen und Ritzen in alten Gemäuern, manche Arten bohren auch Brutlöcher in Lehmwände oder Steilufer oder nutzen hohle Pflanzenstängel.
Eine unheimliche Bandbreite, die den Wildbienen in modernen Zeiten aber immer weniger zur Verfügung steht: Alte Bäume dürfen nicht in Ruhe morsch werden, sondern werden schnell abgeholzt, brüchige Mauern und wackelige Schuppen und alte Mauern werden sofort abgerissen, damit alles schön ordentlich aussieht. Überhaupt werden frei wachsende Hecken und Areale mit alten Obstbäumen und extensiv bewirtschaftete Flächen, in denen sich ein eigenes ökologisches Gleichgewicht entwickelt, immer seltener. Deshalb gehören viele der fast 600 Wildbienenarten in Deutschland heute zu den bedrohten Arten, deshalb brauchen Wildbienen Menschen, die ihnen Insektenhotels bauen und dadurch Nistplätze zur Verfügung stellen.
Nistplatzbau im Handumdrehen
Wenn Sie wenig Zeit haben, können Sie mit einem Sandbienen-Nistplatz starten:
- Geeignet ist jede brachliegende Erdfläche, die regengeschützt liegt und mit Sand aufgeschüttet werden kann
- Heben Sie auf ca. 1,5 qm eine Schicht von 50, 60 cm Erde aus
- Mischen Sie diese mit Natur-Kies oder Sand im Verhältnis 30/70
- Es soll eine lockere, aber doch ein wenig “pappende” Erdstruktur entstehen
- Die Sandbienen wollen Gänge in diesen Boden bauen, die nicht einstürzen
- Wenn die Mischung passt, wird die Grube aufgefüllt, gerne mit einem Haufen
- Ein Rahmen aus Brettern hält kräftigen Bewuchs ab
- Die Sandstelle darf bewachsen werden, aber nur sehr locker
Einfache Anleitung für den Hotelbau
Das einfachste Grundgerüst für ein Insektenhotel besteht aus vier Pfählen aus Vierkanthölzern (was gerade vorhanden ist, z. B. 8 x 8 oder 10 x 10 cm, um 2 m lang), die zu einer Art Regalrahmen geformt werden. So gehen Sie vor:
- Markieren Sie ein Rechteck von ca. 100 x 60 cm Seitenlänge auf dem Boden
- Schlagen Sie in jeder Ecke dieses Rechtecks einen zum Vierkantholz passenden metallenen Balkenschuh (Einschlaghülse) in die Erde
- In diese Metallhülsen kommen nun die Vierkanthölzer, die oben mit Querhölzern verbunden werden
- Sie verbinden die Vierkanthölzer zunächst vorne und hinten mit 2 Querhölzern von einem Meter Länge
- Nach vorne können die Querhölzer ein gutes Stück überstehen, so ist der Einflug später überdacht ist (wichtig, damit das Nistmaterial trocken bleibt)
- Die Querhölzer zur Verbindung der Seiten können also auch einen Meter lang sein, dann stehen sie rund 40 cm über
- Die überstehenden Hölzer werden auch mit einem Balken von einem Meter Länge verbunden, jetzt ist der Rahmen für die Überdachung komplett
- Nun haben Sie einen 1 m breiten, 60 cm tiefen und rund 1,80 m hohen Regalrahmen aus Vierkanthölzern, der verkleidet, mit Regalbrettern gefüllt und überdacht wird
- Der Rahmen kann durch schräge Streben an den Außenseiten gesichert werden
- Dazu bringen Sie an den Seiten mehrere Holzbretter an, sodass diese geschlossen sind
- Im Innenraum werden mehrere Regalbretter eingefügt, bis er mehr oder weniger ausgefacht ist
- Das Dach wird mit Streben versehen (an einer Seite Erhöhung für Wasserablauf einarbeiten ) und mit Dachpappe und Dachpappen-Nägeln gedeckt
- Sie brauchen für dieses Bauwerk jede Menge Winkel und Schrauben, die am besten aus Edelstahl sein sollten, damit sie nicht korrodieren
Zimmerwände schaffen
Nun haben Sie ein großes, primitives Regal mit Fächern, bei dem jeder leidenschaftliche Gärtner sofort Vorstellungen entwickelt, wie es mit Gartengeräten, Pflanztöpfen etc. zu füllen wäre. Halt! Sie bauen gerade ein Insektenhotel, und bei diesem geht es jetzt darum, als fachkundiger Innenarchitekt ordentliche Zimmerwände einzufügen. Es gibt viele Möglichkeiten:
- Wie viele Holzbretter Sie in Ihrem Regalrahmen zu Regalfächern verbauen, ist ihnen überlassen.
- Je nach Größe können die Fächer mit unterschiedlichem Material gefüllt werden.
- Sie können Hohlziegel in die Fächer stapeln, die es im Baumarkt in vielen Formaten und mit unterschiedlich großen Löchern gibt.
- Durch Kombination verschiedener Ziegelformen können richtige Ziegelbilder entstehen.
- Sie können Blechdosen (an einer Seite aufgeschnittene Plastikflaschen oder Tetrapacks) in die Fächer stapeln.
- Im Baumarkt gibt es alle möglichen Matten aus Naturmaterialien, Schilfgeflecht, Sichtschutzmatten aus Weide etc., die Sie zu passenden Längen schneiden können.
- Dieses Flechtmaterial wird dann zu Rollen zusammengefügt (mit Tacker fixieren, mit Schnur zubinden …), die in die Fächer gesteckt werden.
- Rollen können Sie auch aus allen möglichen anderen Restmaterialien herstellen.
- Zum Beispiel aus festem Naturpapier, groben Drahtgerüsten, die mit biegsamen Zweigen beflochten werden, Bastgeflecht aus dem Hobby-Webstuhl.
Die Einrichtung der Zimmer
All diese Füllungen lassen immer noch größere Hohlräume, sie müssen mit einer den Wildbienen gerechten Inneneinrichtung versehen werden, damit sie angenommen werden:
- Hohlziegel, Blechdosen, Rollen aus Flechtmaterial können mit allen Arten von hohlen Pflanzenstängeln gefüllt werden.
- Dazu eigenen sich Schilfhalme (Knoten 6 – 10 cm hinter Halmbeginn), Stängel mit weichem Mark (z.B. Holunder), gekaufte Bambusstäbe.
- Die Halme zeigen mit der Öffnung nach vorne, sei müssen so befestigt werden, dass Vögel sie nicht zum Nestbau herausziehen.
- Das klappt, wenn Sie die Halme in der Mitte oder am Ende bündeln und innen am hinteren Rahmen anbinden.
- Bei Dosen o. ä. kann auch hinten eine Lehmschicht eingebracht werden, in die die Halme gesteckt werden.
- Oder Sie basteln vor die Öffnung eine Schutzschicht aus Maschendraht mit einer Maschengröße unter einem Zentimeter.
- Sie können auch Reisig oder dünne Äste in die Fächer schichten.
Häufige Fragen
Kann ich beeinflussen, wer ins Insektenhotel einziehen wird?
Ein wenig schon, durch die passende Zimmereinrichtung: Einige Blattschneiderbienen, Löcherbienen, Maskenbienen und Scherenbienen fühlen sich in angebohrten Holzklötzen heimisch; andere Blattschneiderbienen, Keulhornbienen, Maskenbienen und einige Mauerbienenarten bevorzugen markhaltige Stängel. Wieder andere Blattschneiderbienen, die Blaue Holzbiene und einige Pelzbienen finden morsches Holz besonders attraktiv, während bestimmte Maskenbienen, Seidenbienen und andere Pelzbienen-Arten zuerst die Lehmbauwerke beziehen werden. In die Strangpfalzziegel ziehen je nach Hohlraum-Durchmesser verschiedene Mauerbienen und auch wieder Blattschneiderbienen-Arten ein, aber all das gilt nur, wenn diese “Reisenden” gerade vorbeikommen – wahrscheinlich wird der erste Gast sowieso eine Rote Mauerbiene sein, die ist recht häufig und wenig wählerisch.
Ein Insektenhotel ist mir zu “krabbelig” – geht Bienenschutz auch ne’ Nummer kleiner?
Klar – Sie können ganz hinten im Garten Nahrung für die Wildbienen anpflanzen (siehe Tipp 1), und Sie betreiben bereits dann aktiven (Wild-) Bienenschutz, wenn Sie Ihre Äpfel nicht im Supermarkt, sondern beim nächsten Bauern mit Streuobstwiese kaufen: Auf einer Streuobstwiese kommen 8 x soviel Insekten und 4 x soviel Brutvogelarten vor als auf einer Fläche für “Integrierte Produktion”, obwohl diese Integrierte Produktion (IP) im Handel schon als naturnah und ökologisch angepriesen wird.