Gemüsegarten

Die besten Tomatensorten – Alte & historische Tomaten

Verschiedene Tomatensorten

Nur wenig Zeit? Dann lies unsere Tipps für Schnellleser.

Tomaten schmecken fast allen Menschen, und Ketchup ist unsere beliebteste Würz-Sauce. Tomaten aus dem Garten schmecken meist besser als Tomaten aus dem Handel, und Ketchup besteht nicht zu rund einem Viertel aus Zucker, wenn Sie ihn selbst einkochen. Am besten schmecken auch aus dem Garten alte, historische Tomatensorten, denen ihr volles Aroma noch nicht weggezüchtet wurde. Im Artikel erfahren Sie, dass diese alten und historischen Tomatensorten gar nicht so leicht zu erkennen sind, wie Sie sie erkennen und wo Sie sie herbekommen.

Aus der Gartenrat Mediathek

Steckbrief Tomatensorten

  • Die Tomate gehört zur Familie Nachtschattengewächse, Gattung Nachtschatten
  • Sie bildet innerhalb derer eine eigene Sektion mit 13 Arten
  • Darunter die Verzehr-Tomate mit botanischen Namen “Solanum lycopersicum” (bis 2005 auch Lycopersicon esculentum)
  • Die südamerikanische Pflanze wurde schon im 16. Jahrhundert in Europa eingeführt
  • Seitdem werden Tomaten (weltweit) gezüchtet, in bis zu 10.000 Sorten
  • Besonders im Bio-Landbau werden in letzter Zeit historische Sorten wiederentdeckt
  • Und weiterentwickelt, z. B. zu sehr kleinen Tomatensorten für den Balkonanbau
  • Allerdings entstehen “historische Tomatensorten” heute nicht nur durch normale Zucht, sondern auch durch künstliche Beeinflussung…

“Alt und historisch” allein reicht nicht

Alt und historisch sind “der Trend”, und das führt dazu, dass jeder Händler alte und historische Sorten verkaufen möchte. Die aber sehr häufig gar nicht so alt und historisch sind, wie wir denken.

Das Problem sind die sogenannten F1-Hybriden, die sehr häufig auftauchen, auch in Bio-Samenkatalogen, in denen von alten und historischen Sorten gesprochen wird. Sie sind für ihre Produzenten sehr profitabel, haben aber einen Haken, genauer gesagt mehrere:

  • Unreife TomatenKommerzielle F1-Hybriden werden “produziert”, unter Einsatz von für die Umwelt zweifelhaften Methoden.
  • Sie werden nicht selten chemisch behandelt, um optimales Wachstum zu entfalten.
  • Sie sind teuer, und sie zwingen Gärtner, jedes Jahr neue Samen zu kaufen.
  • Von ihnen lassen sich nämlich keine Samen gewinnen, die für weiteren Anbau oder Zucht eingesetzt werden können…
  • Zusammengefasst: F1-Hybriden ersetzen die jahrhundertelange Praxis der Saatgutgewinnung durch jedes Jahr neu vermarktbare Kunstprodukte.

Bevor erklärt wird, was an den F1-Hybriden eigentlich problematisch ist, hier das beste Argument für Sie, F1-Hybriden im Geschäft zu lassen: F1-Hybriden werden “hergestellt” und werden deshalb total überteuert verkauft. Gerade im Hobbygärtner-Bereich können Sie für einzelne F1-Samen Summen ausgeben, für die Sie so viele normale Samen kaufen könnten, dass Sie Ihren ganzen Garten zuwachsen und auch noch ihr Haus überwuchern lassen könnten … Gerne werden diese Tüten mit einsamen Samen als Portion ohne Stückzahlangaben verkauft, erst nach langem Lesen können Sie ergründen, dass die Portion für 5 Pflanzen reicht, “5 Samen” klänge wohl einfach zu albern.

Was sind F1-Hybriden?

Eigentlich ist nichts falsch an F1-Hybriden – Sie sind der erste Schritt in jeder Pflanzenzucht. Wenn ein Gärtner eine Pflanze züchten will, macht er seine eigenen F1-Hybriden, indem er zwei Varietäten kreuzt und aus dem neu gemischten Genpool die besten Ergebnisse auswählt. Auch die Natur stellt dauernd F1-Hybriden her – das ist Evolution. F1-Hybriden überzeugen durch Kraft oder Verschiedenartigkeit. Wenn zwei Sorten gekreuzt werden, kommen oft Pflanzen heraus, die größer sind, schneller wachsen und/oder mehr tragen als die Elternpflanzen. Ein prima Verkaufsargument, aber leider ein “Wunder dieser Generation”. Die Pflanzen der nächsten Generationen zeigen typischerweise nicht die Vorteile der F1-Hybriden, hier beginnt erst die eigentliche Zucht.

Ein Problem entsteht mit kommerziellem Missbrauch, mit F1-Saatgut, das nicht normal weitergezüchtet, sondern jedes Jahr neu produziert wird, um jedes Jahr neu verkauft zu werden. Ein solches Saatgut verunmöglicht dem Gärtner seine Vermehrung oder Zucht, und wenn die Industrie dem Gärtner die Zucht verunmöglicht, hat das unschöne Folgen: Mit diesem Vorgehen erlangt die Saatgut-Industrie immer mehr Kontrolle darüber, welche Pflanzen wir anbauen. Die Pflanzenzucht und die Samen-Produktion werden vom Feld ins Labor verlagert, mit Patentierung der Ergebnisse als neue Profitquelle.

Die Produktion dieser F1-Hybriden hat ihre Tücken: Normale handwerkliche Gewinnung der Hybriden ist nur bei wenigen Pflanzen denkbar, die bei geringem Arbeitseinsatz viele Samen produzieren; und auch nur bei Outsourcing in Billiglohnländer lukrativ, meist unter Arbeitsbedingungen, von denen ein verantwortungsbewusster Gärtner nicht wirklich wissen möchte.

Tomaten an PflanzeWo das nicht geht (also sehr häufig), können F1-Hybriden nur wirtschaftlich produziert werden, indem Cytoplasmatisch-männliche Sterilität (CMS) genutzt wird. Mit diesem Merkmal behaftete Mutterpflanzen bilden keine eigenen Pollen aus, natürliche Selbstbestäubung ist damit ausgeschlossen – sie können leicht und in Massen mit den gewünschten Pollen einer anderen Sorte bestäubt werden, Instant-Pflanzen, so viel, wie man möchte.

Schon das CMS-Gen selbst, in seiner “natürlichen” Form, ist nicht ganz ohne: Es trägt nicht nur das Merkmal “männliche Sterilität” in sich, sondern hat in Maishybriden z. B. gleich noch die Anfälligkeit für eine aggressive Form von Fäule vererbt, was niemand gemerkt hat, bis die Krankheit ganze Ernten ausgelöscht hatte. Mit dem CMS-Gen wird also durchaus schon einmal ein problematisches Gen genutzt.

Die Art seiner Einbringung ist oft noch problematischer: Manchmal kann ein natürlich vorkommendes Gen für männliche Sterilität extrahiert und in die Zielkultur verpflanzt werden kann. Sehr viele Pflanzen sind aber gar nicht so “entgegenkommend”, ein solches Gen zur Verfügung zu stellen, hier wird dann gewaltsam für männliche Sterilität gesorgt. Manchmal wird durch Aufsprühen chemischer Substanzen verhindert, dass der Pollen freigesetzt wird. Manchmal wird eine patentierte Technik eingesetzt: Die Protoplastenfusion, bei der Zellen aus dem Blattgewebe verschiedener Pflanzen durch Einsatz von elektrischem Strom oder von Chemikalien verschmolzen werden, um die männliche Sterilität von einer Art auf die andere zu übertragen.

Hier wird also die Übertragung von genetischem Material zwischen Pflanzen erzwungen, die sich natürlich nicht kreuzen würden. Die neuen Pflanzenzellen sind tetraploid (sie haben doppelte Anzahl von Chromosomen) und werden im Labor vermehrt. Das gilt nicht als Gen-Modifikation, weil hier zwei komplette Genome verschmolzen werden, anstatt einzelne Gene zu extrahieren und in ein anderes Genom einzubringen. Diese Gen-Verdopplung würde aber natürlich nicht stattfinden, ob sie unerwünschte Folgen hat, ist unabsehbar. So wird durchaus argumentiert, dass es sich hier um eine Form von Gen-Manipulation (“Gentechnik”) handelt, die kennzeichnungspflichtig sein sollte und einer gesetzlichen Regelung unterzogen werden sollte.

Es gibt ein weiteres entscheidendes Problem bei der kommerziellen Produktion von F1-Hybriden: Damit die Hybriden schön gleichförmig werden, wurden die Elternsorten meist einer ungesunden Inzucht unterzogen, diese Uniformität entsteht nämlich nur, wenn es den Eltern an genetischer Vielfalt mangelt. Ein Angriff auf die Artenvielfalt also, auf die Kernfunktion der Gene, die für Entwicklung auf unserem Planeten sorgt …

Im Bereich der käuflichen Lebensmittel werden häufig Pflanzen als “alte Sorten” verkauft bzw. im Restaurant auf den Teller gelegt, die so richtig alt in Wirklichkeit denn doch nicht sind. Misstrauen ist immer dann angesagt, wenn eine “alte Sorte” in Massen auftaucht, in Massen lassen sich alte Sorten nämlich nicht ziehen, und der herkömmliche, arbeitsintensive Anbau ist nichts für die Menschen, die mit Massensorten auf Gewinn abzielen. Ein Beispiel ist eine außen tief violette Ur-Möhre, die als die Rückkehr zur Urform der Möhren auf fast jedem Restaurantteller auftaucht, für den Sie dreistellige Eurosummen ausgeben – und sich im Samenhandel durch ein F1 als Hybride erkennen gibt.

Samenfestes Saatgut

Tomaten-Samen auf HolzlöffelWenn Sie “echte Tomaten” anbauen wollen und wirklich echte alte Sorten suchen, sollten Sie einen großen Bogen um Hybrid-Saatgut machen, auf jeden Fall um alles, wo “F1” draufsteht.

Sie brauchen vielmehr sogenannte samenfeste Sorten, die ganz normale Tomaten hervorbringen, die in ihrer Genetik durch nichts anderes als natürliche Zucht durch Selektion beeinflusst wurden und sich deshalb auch selbst durch Samen fortpflanzen können. Wenn Sie nur ein wenig rechts und links vom üblichen Handel suchen, werden Sie diese Sorten in Mengen finden, denn gerade in den letzten Jahren wurde im biologischen Landbau viel Entdeckergeist bewiesen, bei Tomaten wurden Mengen von altertümlichen Sorten wiederentdeckt, die wirklich aus den Anfängen der Tomatenzucht stammen.

Der Begriff “Samenfest” ist ein (nicht im Duden zu findender) vielleicht aus Verzweiflung entstandener Kunstbegriff. “Samenfest” sind Sorten nämlich dann, wenn aus ihren Samen auch wieder Pflanzen entstehen, die ähnlich aussehen wie die Mutterpflanzen. Also schlichtweg ganz normale Samen, die auch ganz natürlich durch Wind und Insekten vermehrt werden können. Dass bei dieser Fortpflanzung dann wieder die gleiche Sorte herauskommt, war früher der Zeitpunkt, ab dem die Zuchtsorte entstanden war … Abschluss eines langen Auswahlprozesses, in dem sich die Genkombination der neuen Sorte bereits vielfach und ganz natürlich aufgewachsen bewährt hat.

Samenfeste Freiland-Tomaten

Samenfeste Tomatensorten gibt es also viele, ebenso viele dieser Sorten haben sich aber ein gutes Gedächtnis an ihre Heimat bewahrt und gedeihen in deutschem Klima nur widerwillig. Als dann vor ein paar Jahren auch noch eine wirklich aggressive Form der Kraut- und Braunfäule zu uns eingeschleppt wurde, wurde der Tomatenanbau im deutschen Garten zu einer immer frustrierenderen Angelegenheit.

Bis 2003 die Wissenschaft einschritt, an der Universität Göttingen wurde mit über 3500 Tomaten-Sorten ein Freiland-Tomatenprojekt gestartet, um neue Sorten zu züchten. Die sich im deutschen Garten gut resistent gegen Kraut- und Braunfäule zeigen, früh reifen und geschmackvolle Früchte hervorbringen, die selbstverständlich fruchtbar sind und immer wieder nachgebaut werden können. Da das alles durch ganz normale Zucht-Selektion geschah, hat es ein wenig gedauert, erst 2012 konnten die ersten Sorten präsentiert werden, inzwischen gibt es vier für den Anbau in deutschen Gärten entwickelte Sorten:

  • ‘Clou’
  • ‘Ida Gold’
  • ‘Primabella’
  • ‘Primavera’

Diese vier neuen Tomaten sind wirkliche Auslesezuchten, die auch bei reduzierter Düngung und Bewässerung wohlschmeckende Früchte produzieren, also
auch geeignet für Kultur im Kübel auf Balkon oder Terrasse.

Andere alte Sorten für moderne Gärtner

Verschiedene TomatensortenEs gibt in unserem Land sehr viele Initiativen, die begriffen haben, dass ein Ende der Artenvielfalt letztlich auch das Ende des individuellen Menschen bedeuten würde; speziell an Saatgutvielfalt arbeitet z. B. auch die Dreschflegel-Gemeinschaft. Dort werden samenfeste Tomatensorten für verschiedenste Einsatzgebiete gezüchtet:

  • Fleischtomaten für ungeschützten Anbau wie die ‘Paprikaförmige’
  • Salattomaten für den Freilandanbau wie ‘Matina’
  • Baum- bzw. Kochtomaten wie ‘De Berao’
  • Naschtomaten wie ‘Cerise rot’ und ‘Cerise gelb’
  • Wildtomaten wie die ‘Rote Murmel’ oder ‘Golden Currant’
  • Cocktailtomaten wie ‘Celsior’
  • Weiterentwickelte Sorten wie ‘S 030’ mit Rispenfrüchten oder ‘Lämpchen’ mit gelben Tomaten
  • Schwachwüchsige Sorten wie ‘Kleine Gelbe aus Estland’ oder ‘Balkonstar’ für Balkonanbau

Dass war nur ein kleiner Einblick in die Tomatenvielfalt, auf so hübsch benannte Sorten wie Tigerella, Olirose, Rote Zora und Goldene Königin oder so geheimnisvolle Sorten wie die Reisetomate und die Zahnradtomate kann aus Platzgründen leider nicht eingegangen werden – eines dürfte aber klargeworden sein: Wer sich ganz normale Massen-Tomatensorten in den Garten setzt, ist wirklich zu bedauern.

Häufig gestellte Fragen

Warum ist die jetzt so häufig beschworene Sortenvielfalt eigentlich so wichtig?
Sortenvielfalt ist Artenvielfalt, die Sorten sind einfach noch etwas feine Variationen von Arten. Artenvielfalt alleine ermöglicht Entwicklung (Evolution) auf unserem Planeten – bei Menschen, bei Tieren, bei Pflanzen. Sie ist auch eine unglaubliche “Bibliothek des Wissens”, mit deren Erforschung (z. B., aber nicht nur, in der Bionik) gerade erst begonnen wird. Wenn wir Saatgutproduktion einer Handvoll Großunternehmen überlassen, die den Markt schon jetzt beherrschen, “schaffen wir den Fortschritt auf der Welt ab” (abgesehen davon, dass wir keine Ahnung haben, welche Auswirkungen Gen-Manipulationen beim Saatgut haben). Deshalb ist es so wichtig, dass Gärtnereien und private Gärtner die Freiheit behalten, mit natürlichem Saatgut nach eigenem Belieben umzugehen (warum ist es überhaupt denkbar, die Freiheit des Einzelnen einzuschränken, damit Firmen mehr Gewinn machen?). Deshalb kämpfen verantwortungsbewusste Menschen gegen die anstehende EU-Saatgutverordnung, die die Vielfalt auf unseren Äckern und in unseren Gärten bedrohen würde, mehr Informationen unter www.freievielfalt.de.

Kann man mit “samenfesten Saatgut” dann nicht mehr züchten?
Samenfestes Saatgut ist Saatgut, dass zu einer bestimmten genetischen Kombination gezüchtet wurde, die immer wieder ähnliche Pflanzen hervorbringt. Es ist aber ganz normales Saatgut, mit solchen Samen können Sie züchten, die ganz normale Variation von Genen tritt auf und soll auch auftreten. Gerade das ist der Ausgangspunkt der traditionellen Zucht, die bestimmte Varianten auswählt und so lange paart, bis sich das neue Gen durchgesetzt hat und “samenfest” wird – weil das ziemlich lange dauern kann, wird dieses Gen im Zuchtprozess gleich einem wirkungsvollen “Stresstest” der Natur unterzogen, wenn es “durchkommt”, enthält es keine Gene, die die Pflanze schwächen …

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Tipps für Schnellleser

- Es gibt eine große Auswahl an alten und historischen Tomatensorten
- Vor allem im Bio-Landbau werden historische Sorten wiederentdeckt und weitergezüchtet
- Aber diese Sorten sind nicht unbedingt leicht zu erkennen
- Wenn Sie "echte Tomaten" anbauen wollen, heißt es deswegen: Augen auf beim Einkauf
- Im Artikel erfahren Sie, wie Sie "echte historische Tomaten" erkennen