Obstgarten

Alte Obstsorten in Deutschland – Übersicht

Birne - Pyrus

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Wer als Hobbygärtner gesegnet ist mit einem eigenen Garten, gibt sich nicht zufrieden mit dem Einerlei an Obstsorten aus dem Supermarkt. Mutter Natur hat so viel mehr erfrischende Früchte zu bieten, als das ebenso langweilige wie begrenzte Angebot an … suggeriert. Es sind insbesondere historische Obstsorten, die uns in den Bann ziehen und mit ungeahnten Geschmackserlebnissen begeistern.

Die folgende Übersicht möchte einen Einblick gewähren in eine atemberaubende Vielfalt an heimischem Kernobst, Steinobst, Beerenobst und Schalenobst, die nicht in Vergessenheit geraten darf. Erkunden Sie hier alte Obstsorten in Deutschland und deren faszinierenden Attribute.

Historische Apfelsorten

In alter Zeit stellten Äpfel in Deutschland einen wichtigen Bestandteil in der Ernährung dar. Beliebt war ‘Schöner von Boskoop’ als Beilage zu herzhaften Fleischgerichten. Mit Apfelkompott wurden vielfältige Speisen für Groß und Klein fruchtig abgerundet. Der wunderbar duftende Bratapfel versüßte dunkle Herbstabende, während am Weihnachtsbaum die blank polierte Apfelsorte ‘Rote Sternrenette’ baumelte oder vom Gabentisch verführerischen Duft verströmte. Die folgenden Empfehlungen alter Apfelsorten mögen der Inspiration dienen, die Monotonie von ‘Elstar’ ‘Granny’ aus dem heimischen Obstangebot zu vertreiben.

Altländer Pfannkuchenapfel von 1840
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde diese Sorte noch auf jedem Bauernmarkt feilgeboten, denn der köstliche Apfel ist den ganzen Winter hindurch gut zu lagern. Heute gilt die Frucht immerhin noch als begehrte Liebhaber-Sorte. Die ideale Apfelsorte für Gärten mit kühlen, feuchten Rahmenbedingungen. Das regionale Anbaugebiet erstreckt sich auf Schleswig-Holstein und die Niederelbe.

  • Mürbes Fruchtfleisch, mild im Geschmack
  • Ausgezeichneter Back- und Kompottapfel

Juwel von Kirchwerder von 1900
alte Apfelsorten Die glatte, dunkelrot marmorierte Schale lädt zum Hineinbeißen ein. Der zuerst knackige Geschmack verwandelt sich ins leicht Mürbe. Das zarte Fruchtfleisch schmeckt wunderbar süß und verfügt dennoch über ausreichende Säure.

  • Sehr guter Tafelapfel
  • Genussreife von September bis November

Kaiser Wilhelm von 1864
Traditioneller Winterapfel aus dem Kreis Solingen. Die mittelgroßen Früchte sind kugelig-konisch geformt und bergen ein gelblich-weißes, zartes Fruchtfleisch. Der harmonisch süße Geschmack mündet in einem leicht weinigen Aroma.

  • Pflückreif ab Ende September
  • Genussreife von November bis März

Alte Birnensorten

Bunte Julibirne von 1857
Die bauchig geformte Frucht bietet einen unvergleichlich saftig-süßen Geschmack, wenn sie einige Tage vor ihrer tatsächlichen Reife geerntet wird. Zuvor besticht die Schale mit einem herrlichen Farbenspektrum von leuchtendem Gelb bis zu sattem Braunrot und Orange auf der Sonnenseite.

  • Pflückreife pünktlich Ende Juli
  • Nur wenige Tage haltbar

Nordhäuser Forellenbirne von 1864
Traditionelle Herbst- und Winterbirne aus Norddeutschland. Die robuste Sorte gedeiht auch prächtig in kühleren Lagen, solange der Boden ausreichend feucht und nahrhaft beschaffen ist. Die großen Früchte erreichen bei guter Pflege eine Höhe von bis zu 85 mm. Der milde Geschmack kommt auch bei Kindern gut an.

  • Plückreife im Laufe des Oktobers
  • Im kühlen Keller haltbar von Dezember bis Februar

Williams Christbirne von 1770
Wenngleich diese Birnensorte nicht heimisch ist im eigentlichen Sinn, ist sie seit Generationen fester Bestandteil im gut sortierten Hausgarten. Die zarte, hellgelbe Schale umhüllt ein Fruchtfleisch im Premiumqualität. Das nahezu weiße Fruchtfleisch färbt sich selbst bei Luftkontakt nicht braun und mundet angenehm säuerlich.

  • Pflückreife im August
  • Eine der wertvollsten Tafelbirnen

Traditionelle Kirschsorten

Kassins Frühe Herzkirsche von 1860
Der Zufallsfund des Obstgärtners Ludwig Kassin erwies sich als Volltreffer. Die robuste Sorte gedeiht sehr gut in sandig-lehmigen Böden und erweist sich als weitgehend widerstandsfähig gegenüber Spätfrösten. Die glänzenden, schwarzroten Kirschen sind geformt wie kleine Herzen und schmecken saftig-süß.

  • Reift in geschützten Lagen besonders früh
  • Gut platzfest

Schneiders Späte Knorpelkirsche von 1850
Kirschen Benannt nach dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Kirschbaum mit den edlen Früchten entdeckt wurde, gelangte diese Sorte im 19. Jahrhundert zu großer Popularität. Das helle Fruchtfleisch um einen dunklen Stein schmeckt aromatisch und würzig-säuerlich.

  • Der Baum entwickelt eine dekorative, hochpyramidale Krone
  • Reife in der 6. und 7 Kirschwoche

Schattenmorelle von 1598
Eine der ältesten Kirschsorten ist nach wie vor topaktuell. Die Schattenmorelle toppt die Konkurrenz hinsichtlich Farbe, Geschmack, Vielfalt und anspruchsloser Pflege. Ob sie tatsächlich aus Deutschland stammt oder in Frankreich ihren Ursprung nahm, darüber sind sich die Experten bis heute nicht einig. Ihren Wert für den facettenreichen Hobbygarten mindert dieser Umstand keinesfalls.

  • Benötigt keine Befruchtersorten
  • Reife ab der 6. Kirschwoche

Geschichtsträchtige Pflaumensorten

Die Hauszwetschke macht den Eindruck, sie entstamme einer deutschen Region. Tatsächlich wanderte sie im 12. Jahrhundert aus Westasien über Ungarn bei uns ein. Bekannte Arten, wie die Mirabelle oder Haferpflaume stammen von dem Einwanderer ab. Ab dem 17. Jahrhundert traten Edelpflaumen auf den Plan und begaben sich neben der Hauszwetschke auf Siegeszug durch die Bauern- und Klostergärten.

Graf Althan’s Reneklode von 1850
Mit blauroter Haut und goldgelbem Fruchtfleisch ist die historische Sorte eine Augenweide. Der Säuregehalt bewegt sich auf einem angenehmen Niveau, sodass ein gehobener Geschmack daraus resultiert.

  • Eine der wertvollsten alten Pflaumensorten
  • Pflückreife von Ende August bis Ende September

Wangenheim’s Frühzwetschke von 1840
Die traditionelle Pflaumensorte aus Gotha erfüllt alle Erwartungen, die wir an eine blaue Zwetschke stellen. Sie ist sehr wüchsig, widerstandsfähig und von fruchtig-süßem Geschmack. Der ideale Obstbaum für den großen Garten.

  • Selbstfruchtbar
  • Gedeiht auch in sandig-lehmiger Erde

Ersingers Frühzwetschke von 1890
Die violettfarbenen Früchte reifen vorzugsweise im Windschatten in sandig-lehmigem Boden. Stimmen die Rahmenbedingungen, liefert der Baum eine sehr reiche und frühe Ernte wohlschmeckender, bis zu 40 Gramm schwerer Pflaumen.

  • Ideal für den Frischverzehr, als Kuchenbelag, Kompott und Marmelade
  • Ab Mitte Juli wiederholt durchpflücken

Geschichtsträchtiges Beerenobst

Beerenobst Beerensträucher mit üppigem Fruchtbehang sind seit Generationen aus dem naturnah bewirtschafteten Garten nicht wegzudenken. Rote Johannisbeeren, frisch vom Strauch liefern Kindern wertvolle Vitamine und dienen gepresst als Basis für köstliche Säfte und Marmeladen. Einen Hauch von Historie umgibt überdies alte Stachelbeersorten, die mit roten, grünen und weißen Früchten munden. Tauchen Sie hier ein in die besten alten Beerensorten, die ihre Authentizität bis heute bewahrt haben.

Grüne Stachelbeere ‘Karlin’
Die historische Liebhabersorte besticht mit dem unverwechselbaren Stachelbeeraroma. Die Schale ist dünn und dennoch platzfest. Wird der Strauch regelmäßig ausgelichtet, gedeihen prächtige, große Früchte in jedem Jahr.

  • Reifezeit in den ersten beiden Juli-Wochen
  • Gut geeignet zum Backen und Kochen

Rote Johannisbeere ‘Heros’
Eine großfrüchtige, einheimische Johannisbeersorte mit langer Tradition. Sehr gesund und unkompliziert zu pflegen. Allerdings sollte sie geschützt stehen, denn auf Spätfröste reagiert sie mit Verrieseln.

  • Reifezeit ab Anfang Juli
  • Frisch vom Strauch sehr lecker

Brombeere ‘Theodor Reimers’
Eine uralte, bestens bewährte Beerensorte mit dunklem Saft und edlem Aroma. Zu den besonderen Attributen zählt die spektakuläre Herbstfärbung des Laubs mit dunkelroten und violetten Blättern. Wer den Geschmack einmal erleben durfte, nimmt die spitzen Dornen gelassen hin.

  • Reifezeit von Ende Juli bis Mitte September
  • Ergibt eine Konfitüre der Extraklasse

Schmuck-Brombeere Rubus adornatus
Seltenes, heimisches Kleinod für den Hausgarten mit langer Tradition. Dem roten Austrieb folgen leuchtend rote Blüten. Die kleinen bis mittelgroßen Früchte zergehen zuckersüß auf der Zunge mit einem finalen Pfirsischaroma.

  • Dekorativer, flachbogiger Habitus
  • Fruchtreife im August

Himbeere ‘Mainzer Waldfee’
Eine Entdeckung botanischer Schatzsucher in den Wäldern rund um Mainz. Wer diese alte Obstsorte im eigenen Garten kultiviert, wird belohnt mit dem prallen Waldfruchtaroma und leistet zugleich einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität.

  • Reifezeit von Juli bis September
  • Besonders reich tragend mit kleinen Früchten

Althergebrachte Rebsorten

In 1875 hatten Winzer und Gärtner in Deutschland noch die Wahl unter mehr als 400 Weinbeerensorten, die zum Teil seit mehr als 1.000 Jahren kultiviert wurden. Im Rahmen ertragsorientierter Selektion sind heute nur noch 27 Arten im gewerblichen Anbau vertreten. Hobbygärtner haben demgegenüber die einmalige Chance, historischen Rebsorten neues Leben einzuhauchen. Einige der besten Sorten stellen wir hier vor:

Rotwein ‘Schwarzblauer Affenthaler’
Die historische Weintraubensorte bewegt sich auf Augenhöhe mit dem berühmten Pinot. Noch im 19. Jahrhundert war sie ein wichtiger Bestandteil des in Brühl gekelterten Affenthalerweins und geriet dann in Vergessenheit. Die Sorte ist frostfest, sehr wüchsig, ertragreich und von hoher Kalktoleranz.

  • Reifezeit ist im Oktober
  • Entwickelt sich im Holzfass besonders gut

Weißwein ‘Muskat Gutedel’
Beheimatet im milden Oberrheintal, zählte die Sorte in grauer Vorzeit zum Basissortiment in der königlichen Tafeltraubenkultur. Nachdem sie bereits als ausgestorben galt, wurde sie im privaten Anbau wiederentdeckt. Befindet sich Ihr Garten in einer wintermilden Region, stehen die Chancen gut auf eine erfolgreiche Kultivierung und das Erlebnis des einzigartigen Weinaromas nach Muskat.

  • Vollreife ab Mitte Oktober
  • Gilt als sehr frostempfindlich

Weißwein ‘Roter Muskateller’
Entdeckt an einem mehr als 200 Jahre alten Ausgangsstock, kämpft sich eine der ältesten Rebsorten wieder an die Spitze. Im milden Klima von Bodensee, Rheintal, Rheinhessen und an der Nahe können Hobbygärtner jetzt wieder das Experiment eines Anbaus wagen.

  • Die rundlichen bis länglichen Beeren schmecken leicht nach Muskat
  • Zugelassen in allen Anbaugebieten von Deutschland

Alte Erdbeersorten

Erdbeeren pflanzen Wäre die Saison heimischer Erdbeeren nicht zeitlich begrenzt, liefen sie wahrscheinlich den allseits beliebten Äpfeln in Punkto Popularität den Rang ab. Versierte Hobbygärtner richten beim Anbau den Fokus auf alte Sorten, denn diese überzeugen mit gehaltvollem Aroma und stabiler Widerstandskraft. Einige Klassiker der roten Fruchtpralinen im Überblick:

Mieze Schindler von 1925
Die mittelgroße Gartenerdbeere überrascht mit dem intensiven Aroma von Wald-Erdbeeren, gepaart mit einem hohen Süßeanteil. Da das Prachtstück nur schlecht zu lagern ist, bleibt der Genuss fleißigen Hobbygärtnern und ihren Familien vorbehalten.

  • Reifezeit ab Ende Juni
  • Benötigt eine Befruchtersorte

Senga Sengana von 1952
Diese Sorte geht mit Mieze Schindler eine kongeniale Partnerschaft ein, da sie hier als ideale Befruchtersorte fungiert. Darüber hinaus liefert sie zahlreiche fruchtig-süße Erdbeeren für das Naschen zwischendurch.

  • Reifezeit von Juni bis Juli
  • Ausgezeichnete Sorte zum Einlegen und Konservieren

Herzbergs Triumpf von 1949
Diese Klettererdbeere trägt gleich mehrmals im Jahr ihre süße Last und gedeiht dekorativ an einer Rankhilfe empor. Somit muss sich bei der Ernte niemand mehr bücken.

  • Reifezeit im Juni und August
  • Bildet sehr stabile Ranken aus

Häufig gestellte Fragen

Im normalen Handel habe ich mich auf die Suche nach alten Obstsorten begeben, jedoch ohne Erfolg. Wo kann ich Saatgut oder Jungpflanzen erwerben?
Wo es im Einzelhandel und in Gartencentern um die Massenabfertigung geht, bleibt das Angebot alter Obstsorten außen vor, weil nur Kenner der Materie danach fragen. Gut zu wissen ist, dass sich verschiedene gemeinnützige und gewerbliche Organisationen der Thematik widmen und nebenher Online-Shops betreiben mit einem adäquaten Sortiment. Die Schwerdtfeger Obstbaumschulen zählen dazu oder der Ahornblatt-Garten.

Ich habe einen uralten Obstbaum von meiner Großmutter geerbt, der weiterhin viele Früchte trägt. Wie kann ich ermitteln, um welche Sorte es sich handelt?
Der Promologen Verein e.V. steht Ihnen in dieser Hinsicht mit Rat und Tat zur Seite. Pflücken Sie 3 bis 5 frische, gesunde Äpfel von der Südseite des Baumes aus dem oberen Kronendrittel. Der Stiel darf nicht entfernt werden. Ohne die Früchte zu waschen, besuchen Sie damit eine der zahlreichen Veranstaltungen der Landesgruppen. Dort stehen regionale Sortenexperten alter Obstsorten für eine Konsultation bereit.

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Tipps für Schnellleser

Apfelsorten
- Altländer Pfannkuchenapfel von 1840
- Juwel von Kirchwerder von 1900
- Kaiser Wilhelm von 1864

Birnensorten
- Bunte Julibirne von 1857
- Nordhäuser Forellenbirne von 1864
- Williams Christbirne von 1770

Kirschsorten
- Kassins Frühe Herzkirsche von 1860
- Schneiders Späte Knorpelkirsche von 1850
- Schattenmorelle von 1598

Pflaumensorten
- Graf Althan's Reneklode von 1850
- Wangenheim's Frühzwetschke von 1840
- Ersingers Frühzwetschke von 1890

Beerenobst
- Grüne Stachelbeere 'Karlin'
- Rote Johannisbeere 'Heros'
- Brombeere 'Theodor Reimers'
- Schmuck-Brombeere Rubus adornatus
- Himbeere 'Mainzer Waldfee'

Weinbeeren
- Rotwein 'Schwarzblauer Affenthaler'
- Weißwein 'Muskat Gutedel'
- Weißwein 'Roter Muskateller'

Erdbeeren
- Mieze Schindler von 1925
- Senga Sengana von 1952
- Herzbergs Triumpf von 1949