Wer schon einmal Paprikapflanzen aufgezogen hat, hatte ziemlich wahrscheinlich schon einmal mit Schädlingen zu kämpfen. Liegt in der Natur der Sache, im wahrsten Sinne des Wortes: Paprikapflanzen haben sich nicht in den Regionen entwickelt, die heute Deutschland heißen, sondern in einem sehr weit südlicher gelegenen Teil der Erde. Und das hat Folgen bei der Kultur hier in Deutschland, oft Schädlinge, die Sie manchmal bekämpfen müssen.
Das Grundproblem
Paprikapflanzen kommen aus sonnigen, dauerhaft warmen Gefilden Südamerikas, Verbreitungszentrum mittleres Südamerika von Mexiko bis Bolivien, Brasilien. Tristes kaltes Wetter ist dort unbekannt, Licht gibt es dafür in den Äquatornahen Regionen in reicher Fülle und Intensität. Bei uns ist tristes kaltes Wetter gut bekannt, die Durchschnittstemperatur im Sommer liegen unter 16 °C, und mit der Lichtfülle und -intensität ist es weitab vom Äquator auch nicht wirklich üppig bestellt.
Das bedeutet, Paprikapflanzen leiden Mangel bei uns, vom ersten Augenblick im Anzuchttopf bis zur Ernte.
Der Anzuchttopf steht im Haus und kann durch Heizkissen künstlich gewärmt werden, das deutsche Beet erreicht in Klimawandelzeiten mitunter erstaunlich hohe Bodentemperaturen; aber 8 -12 Stunden intensives Äquator-Licht können wir einer Paprikapflanze nie bieten.
Was Paprika, Chili, Peperoni erst einmal nicht vom Wachsen abhält, Paprikapflanzen sind (wie letztendlich alle Pflanzen) “Wunder der Resilienz”, ausgestattet mit einer gewaltigen Widerstandsfähigkeit und dem Bestreben, auch in gestörtem (unwirtlichen) Umfeld ihr genetisches Programm “abzufeiern”.
Allerdings nützt Widerstandsfähigkeit wenig ohne die Kraft, den Widerstand auch auszuüben – und genau diese Widerstandskraft ist bei einer in Deutschland kultivierten Paprikapflanze unter günstigsten Bedingungen und bei bester Pflege schwächer ausgeprägt als in der Heimat. Wie viel schwächer, hängt nicht nur von der Herkunft, sondern gerade bei schon so lange (als “Mitbringsel” von Christoph Kolumbus) eingeführten Pflanzen wie Paprika von den aktuellen Bedingungen im Produktionsbetrieb, Zuchtauswahl, Abhärtung, usw. ab.
Schwächere Widerstandskraft heißt u. a., dass die Pflanze weniger Abwehrstoffe gegen Schädlinge produziert; kommen ungünstigste Bedingungen und/oder Pflegefehler dazu, wird die Pflanze noch schwächer und produziert noch weniger Abwehrstoffe. Wo keine Abwehr steht, fallen die Schädlinge ein; nach gerade Erläutertem dürfte ein Schädlingsbefall an deutschen Paprikapflanzen eher die Regel sein als die Ausnahme.
Eine ansehnliche Truppe verschiedener Schädlinge macht sich (nicht stadt-, aber garten-) bekannt gerne an fröstelnde Paprikapflanzen heran, von A bis Z:
Blattläuse
Blattläuse führen nicht nur alphabetisch die Truppen an, die sich über Paprikapflanzen hermachen wollen, sondern gehören auch zu den häufigsten Tierchen, die in unserer Umwelt überhaupt herumkrauchen. In momentan gut 3.000 bekannten Arten, von denen bei uns in Mitteleuropa etwa 850 leben.
Alle Blattläuse ernähren sich von Pflanzensäften, und wenn diese Pflanzensäfte von einer Pflanze genommen werden, die der Mensch nutzen will, mutiert die Blattlaus zum Schädling.
Dabei sind Blattläuse alles andere als schädlich für die Natur, sie rangieren irgendwo zwischen “nützlich” und “unentbehrlich”. Wenn Blattläuse kohlehydratreiche Pflanzensäfte schmausen, fallen große Mengen nicht verwertbarer, zuckerhaltiger Lösung an. Die wird auch Honigtau genannt und ist eine Art “Grundnahrungsmittel der Natur”, für Bodenpilze, Insekten (auch Bienen, im Waldhonig), kleine Wirbeltiere, Blattläuse tun also viel für die Natur.
Grundsätzlich gilt in Bezug auf die Blattlaus deshalb: Wenn sich der Befall in erträglichem Rahmen hält, sollten die Blattläuse “ihren Teil” Pflanzensaft naschen dürfen. Für die “normale, kräftige Pflanze” ist das eine Art Immuntraining, das ihr nicht im Mindesten schadet, wenn die Blattlaus-Kolonie satt von dannen gezogen ist, schüttelt sich die Pflanze kurz und wächst weiter.
Nun sind Paprikapflanzen im deutschen Garten weder normal, noch wachsen da besonders kräftige Pflanzen heran, die Schwäche der Fremdlinge fällt auch einer Blattlaus sehr schnell auf und führt bei Paprikapflanzen häufig zu einem Befall, der ohne Gegenmaßnahmen aus dem Ruder laufen könnte.
Hier die Vorbeugungs- und Abwehrmaßnahmen im Einzelnen:
- jeden Samen einzeln in Topf setzen
- erspart das pflanzenschwächende Pikieren, das erste Einfallstor für Blattläuse
- ins Freiland ausgepflanzte Exemplare kommen meist mit “ihren” Blattläusen klar
- Blattlaus-Fressfeinde im Garten: Florfliegen, Gallmücken, Marienkäfer, Ohrwürmer, Schwebfliegen, Schlupfwespen
- Garten insektenfreundlicher gestalten
- Dill und Schafgarbe als Lockpflanzen
- Schlupf-Wespen lassen sich mit speziellen Nistkästen ansiedeln
- Ohrenkneifer machen Blattläusen schwer zu schaffen
- angelockt durch selbstgebastelte Ohrenkneifer-Glocken
- Nützlinge auch im Fachhandel erwerbbar
- Gewächshaus-Exemplare oft sehr anfällig
- zunächst Pflegefehler korrigieren (Lichtmangel, Überdüngung, mangelnde Lüftung etc.)
- zunächst mechanisches Vorgehen
- abduschen, abfegen, absammeln
- nächster Schritt: Besprühen mit Schmierseifenlösung
- wiederholtes Übergießen mit Wermutauszug oder frisch angesetzter Brennnesseljauche
- Knoblauch-Brühe (3 Knollen mit heißem Wasser überbrühen, bis 10 Liter auffüllen, über Nacht ziehen lassen)
Brennfleckenkrankheit
Die Brennfleckenkrankheit Anthracnose ist eine Pilzkrankheit, bei Paprika durch den Pilz Colletotrichum capsici (Syn. Steirochaete capsici, Vermicularia capsici) verursacht.
Die Anthracnose ist an Schadstellen an den reifen Früchten zu erkennen: Kleine wie eingebrannte Stellen mit geschrumpftem, wässrigem Rand aus, innen mit dunklen Pilzsporen gefüllt, die die charakteristischen konzentrischen Ringe bilden.
Die Anthracnose tritt eigentlich nur in sehr feuchten Jahren auf und spielt deshalb eine eher untergeordnete Rolle, als Vorbeugung sollten Chili-Pflanzen in einiger Entfernung von den ebenfalls durch die Brennfleckenkrankheit bedrohten Bohnen gepflanzt werden.
Wenn es Ihre Chilis erwischt hat, sollten Sie die Pflanzen so schnell wie möglich ausgraben und vernichten (verbrennen, nicht kompostieren). Gegen Colletotrichum capsici ist für den Haus- und Kleingarten aber kein Fungizid zugelassen, zur weiteren Vorbeugung gegen Pilzbefall siehe gleich bei Pilzkrankheiten.
Blütenendfäule
hat keinen wissenschaftlichen Namen, weil es sich einfach um einen Kalziummangel handelt, der typische physiologische Störungen an den Paprikapflanzen verursacht. Wobei die diversen Paprikasorten unterschiedlich auf den Mangel an Kalzium reagieren sollen: Manche mit dunklen, verhärteten Nekrosen im Blütenansatzbereich, andere mit dünner Haut, unter der hellbraunes, wässriges Gewebe sitzt. Oft zeigt sich die Blütenendfäule bereits an jungen Blättern, die im Wuchs zurückbleiben oder deformiert wirken.
Die Ursachen der Stoffwechselerkrankung sind noch nicht erforscht, nur die schlechte Calciumversorgung geschädigten Früchte wird immer beobachtet, als Soforthilfe wird deshalb mehrfacher Einsatz calciumhaltiger Blattdünger empfohlen.
Man geht davon aus, dass starkes Wachstum und unregelmäßige Wasserversorgung Blütenendfäule fördern. Weiter sollte deshalb geprüft werden, ob schwankend bewässert wurde und ob die Nährstoffversorgung stimmt. In Zukunft auf gleichmäßige Wasserversorgung, ausgewogene Düngung (ohne Überversorgung mit Kalium und Magnesium) und gesunden pH-Wert achten (zu saure Böden aufkalken).
Erdraupen/Würmer
- suchen insbesondere junge Freiland-Exemplare heim
- Pappkragen beim Auspflanzen, z.B. Pappbecher ohne Boden, reicht ein paar cm in die Erde
- andere Raupen/Larven, etwa von Schmetterlingen, können abgesammelt werden
- Tomaten-Hornwurm Manduca quinquemaculata entgegen anderslautender Meldungen nur auf seine nordamerikanische Heimat beschränkt
Weitere Pilzkrankheiten
Der Brennflecken-Pliz mag vor allen Paprika, viele andere Pilze befallen Paprikapflanzen und auch sonst fast alles, was da kreucht und fleucht (keimt und floriert).
Auch Pilzbefall ist in der Natur keine Seltenheit, sondern abgesehen vom Befall mit seltenen Exotenpilzen eher der Normalfall, der nur bei falsch gehaltenen/geschwächten Pflanzen zur Pilzkrankheit wird.
Die wichtigste Vorbeugungsmaßnahme gegen übermäßige Pilzentwicklung ist Luft um und in den Pflanzen, ob im Baum (durch dessen Krone nach alter Bauernregel ein Hut ohne Anstoßen durchfliegen nuss) oder in der Zierstaude, die zwischen dichten Sträuchern in der feuchten Senke auf Pilzbefall nicht lange warten muss.
Pilzkrankheiten erkennen Sie an Schadstellen auf den Blättern; wenige Blätter/Triebe können entfernt und vernichtet werden (Triebe bis ins gesunde Holz zurückschneiden, Schnitt nicht in den Kompost entsorgen). Schlimm befallene Pflanzen können entweder mit viel Aufwand mit Fungiziden bekämpft werden (wegen eifriger Resistenzbildung aber nicht immer), oder ebenfalls entfernt werden, möglichst bevor sie gesunde Pflanzen angesteckt haben.
Schnecken
Schnecken schießen in Richtung Paprikapflanzen den Vogel ab: Während Blattläuse und Co. Blätter angehen, fressen Schnecken die Paprika-Früchte, auch wenn es sich um eine höllisch scharfe Chili Sorte “Habanero” handelt (und die Blätter auch noch).
Gegen Schnecken gibt es so viele Bekämpfungs- und Abwehrmaßnahmen, dass die Aufzählung Artikeln über Schneckenabwehr überlassen bleibt. Auf jeden Fall hilft hier wieder eine Pappmanschette (mit nicht umkriechbarem Rand), ansonsten berichten erfahrene Gärtner, dass manuelles Einsammeln der Schnecken immer noch die erfolgreichste und am wenigsten aufwendige Maßnahme sei.
Allerdings sind Schnecken keine Schädlinge, sondern Nützlinge, ob mit oder ohne Haus (und mit Haus sind sie möglicherweise streng geschützt). Schnecken gehören zu den wichtigsten Verwertern von Pflanzenresten und damit zur “Berufsgruppe der Bodenproduzenten”.
Sie nehmen nur überhand, wenn es an natürlichen Feinden fehlt. Und wenn es an natürlichen Feinden (Igel, Blindschleichen, Kröten, Vögel usw.) fehlt, ist Ihr Garten ökologisch nicht im Gleichgewicht. Man könnte auch sagen, Sie brauchen “mehr Natur im Garten” – zumindest dann, wenn diese Natur die Schneckenjagd für Sie übernehmen soll.
Spinnmilben
Siehe Blattläuse, das zweite der überall um uns herum tätigen Tierchen, von dem einige Arten Appetit auf “unsere Pflanzen” haben. Wie bei den Blattläusen wäre es an sich am besten, wenn Sie den Spinnmilben einfach Guten Hunger! wünschen könnten, weil Ihre Pflanzen allemal kräftig genug sind, um nicht unter ein wenig abgezapftem Pflanzensaft zu leiden.
Bei den gewöhnlich nicht sehr abwehrstarken “deutschen Paprikapflanze” können auch Spinnmilben schnell einmal die Überhand gewinnen, um dann mit genau denselben Maßnahmen “auf Normalmaß geschrumpft” zu werden, die oben bei den Blattläusen beschrieben wurden.
Bei Extrembefall z. B. im Gewächshaus hilft biologische Bekämpfung mit Raubmilben oder Gallmücken, je nach Spinnmilbensorte in verschiedenen Arten. Im Fachhandel erfahren Sie, welcher “käufliche Naturfeind” unter den vorliegenden Bedingungen die besten Chancen hat.
Tabakmosaikvirus (TMV)
- durch mosaikförmige Flecken auf den Blätter erkennbare Virenkrankheit
- Erreger ursprünglich auf Tabak-Pflanzen spezialisiert, Verwandschaft zwischen Paprika und Tabak macht Übertragung aber möglich
- konzentriert sich jedoch tatsächlich in den großen Tabakanbaugebieten dieser Welt (China, Indien, Brasilien, USA, Indonesien, Malawi)
Weiße Fliegen
Weiße Fliegen belästigen Haus-Paprika und können mit Gelbtafeln, Schlupfwespen namens “Encarsia formosa” und Pflanzenbehandlung mit Rapsöl-Mitteln meist erfolgreich in die Schranken gewiesen werden.
Häufig gestellte Fragen
Warum so wenig Worte zu (chemischen) Pflanzenschutzmitteln?
Weil wir nach den aktuellen Statistiken zu Nahrungspflanzen/Pestiziden davon ausgehen, dass Sie bei Eigenanbau sicher pestizidfreie Ernte einfahren möchten. Und dass Sie bei den teils individuell zu düngenden Paprikas nicht unter Einsatz eines Großrechners darüber Buch führen möchten, welche Schote von welcher Paprikapflanze wann behandelt wurde und nach welcher Wartezeit wieder essbar ist (sein soll) …
Warum explodieren Schädlinge üblicherweise im Gewächshaus? Weil sie nicht nach draußen können?
Auch, allerdings wollen sie gar nicht nach draußen. Für den gewöhnlichen heimischen Schädlinge, ob Kleinsttier, Bakterium, Virus, ist das Gewächshaus das Paradies. Mit optimalem Lebens- und Fortpflanzungsklima, wenn die Bedingungen perfekt sind, kann so manche Spezies ehrfurchterregende Fortpflanzungsraten hinlegen … als Erstes hilft lüften, lüften, lüften.