Nur wenig Zeit? Dann lies unsere Tipps für Schnellleser.
Nach der Aufregung, die Nacktschnecken unter eher naturfernen Gärtnern verursachen, könnte man meinen, in unseren Gärten kriechen “Black Sea Hares” herum, imposante Nacktschnecken mit Maßen einer fetten Französischen Bulldogge. Tun sie nicht, die leben im Meer, in unseren Gärten kriechen nur kleine Nacktschnecken herum, wichtige Nützlinge und leistungsfähige Vernichter von Pflanzenresten und übermäßig wucherndem Pflanzenmaterial. Wenn sie nicht in Massen auftreten, was sie in nicht natürlich bewirtschafteten Gärten sehr gerne tun. Erfahren Sie nachfolgend, wie Sie die Schneckenplage dauerhaft loswerden und wie Sie ein Nacktschnecken-Übermaß ohne Umfeld- und Umweltschädigung bekämpfen.
Steckbrief
- Schnecken heißen wissenschaftlich Gastropoda, was aus dem Griechischen kommt und “Bauchfüßler” heißt
- Sie sind Schalenweichtiere, andere Weichtiere sind 3 Klassen Stachelweichtiere, und die Schalenweichtiere Einschaler, Muscheln, Kahnfüßer und Kopffüßer
- Es gibt viele Schnecken, man kennt heute zwischen 50.000–150.000 Arten (je nach Forscher)
- Menschen ärgern könnten aber nur die Lungenschnecken, und davon auch nur die Land-Lungenschnecken
- Ärgern könnten, Sie können das auch anders sehen, die wenigsten dieser Arten wollen an “unser Futter”
- Spürbare Schäden an Nutzpflanzen sind in gesundem Umfeld eher selten, die harmlosen Lungenschnecken sind vielmehr wichtig fürs Ökosystem
Die nackte Schnecke
Die Nacktschnecken kommen fast nur unter den Lungenschnecken vor, im Garten ärgern natürlich nur Land-Nacktschnecken, also Land-Lungenschnecken. Von ihnen gibt es immer noch reichlich, rund 20 Familien, aber nur in 4 Familien Nachtschnecken. Von denen können nur einzelne Arten im Garten wirklich zum Ärgernis werden, allerdings nicht alle in allen deutschen Gärten:
- Aus der Familie der Wegschnecken (Arionidae) frisst die Spanische Wegschnecke (Arion lusitanicus) bei uns
- Oder die Garten-Wegschnecke (Arion hortensis), sie ist dunkel und klein
- Oder die fast genauso aussehende Gemeine Wegschnecke (Arion distinctus), oder nicht benannte Arten, siehe gleich …
- Die Familie Ackerschnecke (Agriolimacidae) schickt die Genetzte Ackerschnecke (Deroceras reticulatum) ins Rennen, sie mag besonders Spargel
- Es gibt noch ein paar nackte Lungenschnecken, die Ihnen theoretisch über den Weg laufen könnten, meist schützenswerte gefährdete Arten
Spanische Schnecken gibt’s nicht
Die Spanische Wegschnecke geht seit langem als Schreckgespenst in deutschen Gärten um, seit sie nämlich durch Obst- und Gemüseimporte aus Südwesteuropa bei uns eingeschleppt worden sein soll. Schon seit einiger Zeit wird eine EU-Verordnung diskutiert, die dem Vormarsch solch frecher invasiver Arten durch bessere Kontrolle und Bekämpfung einen Riegel vorschieben soll, gerade entschlüpfte die freche Schnecke aber jäh der Verordnung.
Frech ist “der Schrecken der Salatbeete” nämlich vielleicht, aber nicht ein bisschen spanisch, sondern einfach einmal kräftig einheimisch, mitten aus Mitteleuropa. Das wurde gerade durch das Biodiversität- und Klima-Forschungszentrum und die Goethe-Universität Frankfurt am Main in einer gemeinsamen Studie erforscht. Bei der die Forscher “Spanische Wegschnecken” gesucht haben und in Spanien (und Frankreich, Großbritannien und den Beneluxländern) keine einzige gefunden haben. Gefunden haben sie bunte Schnecken-Vielfalt, viele der eingesammelten Schnecken waren genetisch keiner bekannten Wegschnecken-Art zuzuordnen. Hier wird entweder munter vor sich hin gekreuzt oder (als Auswirkung großzügiger “”Behandlung” mit Nervengift in Form von Schneckenkorn) munter vor sich hin mutiert, auf jeden Fall fanden die Forscher viele stark voneinander abweichende Genvarianten, also viele neue Arten von Arions (Wegschnecken).
Von denen werden sicher einige vermehrungsfreudiger, schleimreicher und bitterer als die anderen sein, aber die Bitterstoffe haben vermutlich auch einen ökologischen Sinn, und die ockerfarbenen Nacktschnecken breitet sich nicht deshalb so stark aus, weil sie keine natürlichen Feinde haben, sondern weil die natürlichen Feinde auch außerhalb von Gärten aufgrund veränderter landwirtschaftlicher Anbaumethoden immer seltener werden (die Forscher sehen den Grund für die vermeintliche Schneckeninvasion höchstwahrscheinlich in der industriellen Landwirtschaft).
Zu viele Schnecken: Ab wann und warum
Wenn Ihr Garten von Ihnen in einer Art und Weise betrieben wird, dass “er sich selbst wehren kann”, müssen Sie keine Nacktschnecken bekämpfen: Lungenschnecken sind harmlos und spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem. Deshalb sollten sie auf keinen Fall mit Gift bekämpft oder wahl- und ziellos abgesammelt werden. Wenn ein paar Nacktschnecken in Ihrem Garten schön bescheiden ein paar Nacktschnecken bleiben, sollten Sie diese Nacktschnecken einfach Nacktschnecken sein und ihre Arbeit tun lassen.
Diese Arbeit ist nämlich wichtig für die Artenvielfalt in Ihrem Garten, wie Wissenschaftler in einer fünfjährigen Untersuchung im Frankenwald jüngst herausfanden. Gift gegen Nacktschnecken führte nicht zu einer prächtigen Vermehrung der nunmehr nicht durch Schneckenfraß geschädigten Pflanzen, sondern ganz im Gegenteil zu einer Abnahme der Artenvielfalt – die Nacktschnecken waren (und sind) es, die durch Ausbremsen zu konkurrenzstarker Pflanzen die Biodiversität stärken.
Zu viele Nacktschnecken können in einem Garten zum Ärgernis werden, für nicht ganz naturfremde Menschen aber nur, wenn sie in ungebührlichen Massen auftreten (wer sich über einzelne Nacktschnecken aufregt, sollte den Garten wohl besser einfach komplett zubetonieren). Wenn sie in Massen auftreten, verrät das jedem echten Gärtner viel über seinen Garten:
- Wenn Nacktschnecken gehäuft auftreten, ist das ein Hinweis darauf, dass das natürliche Gleichgewicht in Ihrem Garten grundlegend gestört ist
- Dann finden auch die natürliche Feinde der Schneckenbekämpfung keine Lebensgrundlage mehr
- Igel, Blindschleichen, Erdkröten sind z. B. natürliche Feinde von Schnecken
- Die fühlen sich aber nur in einem naturnah gestalteten Garten wohl
- In einem solchen Garten vertilgen sie dann eifrig Schnecken, die keine Chance mehr zu einer übermäßigen Vermehrung haben
Vorbeugung
Die vorbeugenden Gegenmaßnahmen gegen eine Nacktschnecken-Massenvermehrung beginnen also damit, die natürlichen Feinde der Schnecken zu stärken. Diese natürlichen Feinde fühlen sich vor allem in einem naturnah gestalteten Garten wohl. Mit einem guten Gartenboden, der reich an Bodenlebewesen ist, mit möglichst bunt gemischtem Bewuchs und mit vielen nicht zu ordentlich aufgeräumten Ecken, in denen Blindschleichen und/oder Erdkröten und/oder Igel einen Unterschlupf finden. Je mehr dieser und anderer schneckenfressender Kleintierchen Ihren Garten bevölkern, desto fleissiger machen sich diese an die Schneckenvertilgung.
Wenn Sie dauerhaft ohne lästige und arbeitsame Schneckenbekämpfung leben möchten, ist es das einzige Erfolg versprechende Mittel, Ihrem Garten “etwas mehr Natur” zu verpassen. So sieht ein Stufenplan mit diesem Ziel aus:
- Zuerst kommt Bodenpflege
- Dann Aufzucht kräftiger Pflanzen
- Aus regionalem Saatgut
- Solche Pflanzen passen sich an das Klima vor Ort an
- Am besten sogar vor Ort gesammeltes Saatgut, das an Ihren Garten angepasst ist
- Jungpflanzen abhärten, indem Sie auf zusätzliche Bewässerung verzichten
- Pflanzen direkt ins Beet sähen und nicht vorziehen, Auspflanzen schwächt sie
Bekämpfen
Bis Sie Ihren Garten wieder in ein Umfeld verwandelt haben, in dem sich alle möglichen Feinde von Nacktschnecken wohlfühlen, könnte es immer wieder zu einem Ungleichgewicht zwischen Nacktschnecken und Räubern kommen. Vor allem sehr feuchte Sommer bieten den Nacktschnecken ein sehr angenehmes Klima, bis “Ihr Garten sich selbst wehrt”, müssen Sie die Räuber dann ersetzen. Wozu Ihnen viele Mittel zur Verfügung stehen:
- Um die wichtigsten Pflanzen könnten Sie einen Schneckenzaun ziehen
- Der kann aus jedem sehr rauen Material bestehen, auf dem Nacktschnecken nicht gleiten können
- Raue Erdoberflächen schaffen Sie z. B. mit Sägemehl oder Kaffeesatz
- Wenn der Nährstoffgehalt es zulässt, können Sie auch eine breite Schicht Kalk streuen
- Oder getrocknete Eierschalen in spitze Stückchen brechen und rund um bedrohte Pflanzen stecken
- Schnecken sollen auch keine Blätter von Tomatenpflanzen mögen
- Käufliche Schneckenzäune mit abgewinkeltem Profilen sind hoch wirksam, aber nicht die preiswerteste und bequemste Lösung
- Schneckenzäune müssen mindestens 10 cm tief eingebuddelt werden, mindestens 10 cm hoch sein und dürfen keinen Pflanzenkontakt haben
- Als Schneckenzaun soll sich auch Kupferdraht eignen, gelöstes Kupfer ist für Schnecken bereits in Kleinstmengen giftig
- Alle Schneckenzäune versagen, wenn Schnecken innerhalb verbleiben
- Für Schneckennasen stinken sollen Bartnelken, Bohnenkraut, Kamille, Lavendel, Salbei, Thymian und Rosmarin
- Ringförmig um die Beete gepflanzt sollen Sie die Schnecken abzuschrecken
- Pflanzenextrakte aus Kompost, Farnkraut oder Lebermoos sollen Nacktschnecken vertreiben, wenn sie auf die Pflanzen gesprüht werden
- Es gibt viele Appetitverderber, also Pflanzen, die Nacktschnecken nicht fressen sollen, Listen gibt es im Internet
- Für alle Abschreckungsversuche über Geruch und Geschmack gilt, das sie ausprobieren müssen – auch Schnecken entwickeln unterschiedliche Geschmäcker
- Das Beet wird mit grobem Mulch für eine Nacktschnecke fast zum uneinnehmbaren Terrain
- Wenn es dauerhaft sehr feucht ist, sollte der Boden rund um gefährdete Pflanzen nur dünn gemulcht werden, damit er trocknet
- Wenn Sie zu viele Nacktschnecken haben, sollten Sie nicht noch mehr anlocken
- Nacktschnecken lieben z. b. Astern, Cosmeen, Dahlien, Funkien, Ringelblumen, Rittersporn, Tagetes
- Diese Pflanzen sollten also einige Zeit aus dem Garten verbannt werden, wenn Sie gerade zu viele Nacktschnecken haben
- Sie können die Nacktschnecken gezielt umlenken, indem Sie anderswo Lockangebote ausbringen
- Ein Haufen verrottender Grünabfälle in einer abgelegenen Ecke taugt z. B.
- Oder eine Schnecken-Falle, ein feuchter Karton sein oder ein paar feuchte Bretter, in der Mittagshitze umdrehen und einsammeln
- Ebenfalls ein gutes Lockmittel soll ein Stück Honigmelonenschale sein
Was auch immer Sie tun, fangen Sie früh damit an: Nacktschnecken werden im Frühjahr bereits bei Lufttemperaturen knapp über Null aktiv und haben dann Hunger, mächtigen Hunger. Bei Schneckenplagen sollten Sie außerdem immer morgens gießen, damit der Boden schnell abtrocknet, und die Beete regelmäßig an der Oberfläche auflockern, damit Sie Hohlräume und damit Schneckenverstecke zerstören.
Häufig gestellte Fragen
Was mache ich mit den Nacktschnecken nach dem Einsammeln?
Immer das gleiche Problem: Wenn Sie die Nacktschnecken eingesammelt haben, müssen Sie sie auch irgendwo loswerden, und vermutlich liegt es Ihnen auch nicht, Nacktschnecken zu “kochen” oder mit der Schere in Stücke zu schneiden. Wirklich umweltfreundlich ist das auch nicht, der NABU empfiehlt, die Nacktschnecken in einer Schachtel zu sammeln und (z. B. auf dem Weg zur Arbeit) einige Kilometer entfernt in der Freien Natur auszusetzen.
Wären biologische oder chemische Pflanzenschutzmittel nicht ein einfacher Weg, die Nacktschnecken loszuwerden?
Wenn Sie der Massenvermehrung robuster Arion-Mutanten nicht Herr werden, gibt es im Katalog der für den Haus- und Kleingarten zugelassenen Pflanzenschutzmitteln ein biologisches Schneckenkorn, dass Eisen-III-phosphat enthält. Die Verwendung dieser biologischen Schneckenkörner ist ungefährlich und schadet den Schneckenfeinden nicht, wenn Eisen-III-Phosphat in den Boden gelangt, zerfällt er zu Eisen und Phosphat, also Bodenmineral und Düngestoff. Allerdings töten Sie mit diesem Mittel auch alle anderen Schnecken, die nur verrottete Pflanzenreste “aufräumen”. Die giftige Chemie im herkömmlichen Schneckenkorn ist immer nur eine Symptombekämpfung, die eigentlichen Ursachen einer Schneckenplage (zu wenig Natur, keine Feinde, Überdüngung) beseitigen Sie damit nicht. Sie haben aber wahrscheinlich gute Chancen, bei deren Einsatz irgendwann einen Mutanten zu erzeugen, der wirklich so groß wie ein “Black Sea Hare” ist, an Land leben kann und Ihren Garten übernimmt …