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Lieben Sie es, überrascht zu werden? Wenn Sie die Hauswurze noch nicht gut kennen, sondern für (langweilige) Steingartengewächse halten, könnte dieser Artikel Sie erstaunen: Hauswurze sind alles andere als langweilig, sondern Sie können momentan unter 8.240 Arten/Zuchtsorten wählen, täglich kommen neue dazu … Das sind so viele Hauswurze in so viele unterschiedlichen Farben und Formen, dass Sie in Ihrem Garten nur per Hauswurz riesige Gartenbilder malen könnten, wenn Sie denn Lust dazu hätten. Sehr pflegeleichte Gartenbilder übrigens, sobald eine Hauswurz ein wenig Erde, Sonne und Feuchtigkeit bekommt, wird sie prächtig wachsen.
Steckbrief
- Hauswurze sind immergrüne, mehrjährige, sukkulente Pflanzen
- Sempervivum ist der botanische Name der Pflanzen aus der Familie der Dickblattgewächse
- Die Hauswurze gehören zu den Sukkulenten, die in Europa beheimatet sind
- Wie alle Sukkulenten haben sie sich in trockenen Gebieten entwickelt
- Die Hauswurze waren ursprünglich in den Bergen zu Hause, in sämtlichen europäischen Gebirgen bis auf die ganz nördlichen und östlichen
- Weil Menschen die hübschen Rosetten immer schon attraktiv fanden, breiteten sich die Hauswurze in die Niederungen aus
- Dort wurden die menschlichen Wohnstätten mit ihnen verziert
- Vor allem Steingärten und Dächer, die Hauswurz wird auch Dachwurz genannt
Standorte
Entsprechend ihrer Herkunft aus bergigen Gebieten mögen die meisten Hauswurze jeden trockenen und warmen Standort. Nicht nur im Steingarten, auch auf einer Mauer, in einem gut drainierten Beet im Vorgarten und so weiter. Unter den zahlreichen Arten gibt es aber auch Hauswurze, die in humosen Böden und an feuchten Standorten wachsen.
Ansonsten: “Semper” steht im Lateinischen für “immer”, “vivum” für “lebend”, und die kleinen Stauden tragen diesen Namen zu Recht. Sie sind eigentlich unverwüstlich, halten große Hitze ebenso aus wie große Kälte, Trockenheit als Sukkulenten sowieso, einen Hauswurz “umzubringen”, ist fast eine Kunst. Je mehr Licht die Hauswurz bekommt, desto ausgeprägter werden die bunten Blattfarben.
Beim Standort ist dann noch zu bedenken, dass ein Hauswurz nur wenige Zentimeter in die Höhe wächst. Wenn Sie die dekorativen Rosettenformen und die selten erscheinenden, wirklich schönen Blüten angemessen bewundern (lassen) wollen, empfiehlt sich ein Standort in Hausnähe, an dem die kleinen Schönheiten gut zur Geltung kommen.
Boden
Eine Pflanze, die wie die Hauswurz aus den Bergen kommt, ist in Bezug auf die Erde Kummer gewohnt, in den Höhen geht es typischerweise diesbezüglich eher karg zu. Deshalb wachsen die Hauswurze eigentlich in allem, was sich noch “Erde” nennen darf, Hauptsache nicht zu nährstoffreich und der Niederschlag fließt schnell ab. Damit ist natürlich der Steingarten das perfekte Umfeld, die Hauswurz wächst aber auch in jeder Mauerspalte mit ein wenig Erde und in jedem Beet mit eher trockenem, wasserdurchlässigem Boden.
Die Hauswurz kennt aus dem Gebirge Untergründe mit ganz verschiedenartigen pH-Werten, fast alle Sorten tolerieren Böden von leicht sauer bis ziemlich kalkreich. Manche haben sich wie Spinnweb-Hauswurz Sempervivum arachnoideum zu Zeigerpflanzen für extrem saure Böden entwickelt (was heißt, dass sie dort wachsen können, ein derartiger Gartenboden sollte aber trotzdem saniert, “entsäuert” werden), andere (wie die Kalk-Hauswurz Sempervivum calcareum) haben sich auf kalkhaltigen Untergrund spezialisiert.
Gießen
Wie gesagt, die Semperviven sind Sukkulenten, also Pflanzen, die ihren eigenen Wasserspeicher “eingebaut” haben. Sie sind gegenüber Trockenheit weitgehend resistent, mit der Gießkanne müssen Sie höchstens eine gerade eingepflanzte Hauswurz im Hochsommer zusätzlich versorgen.
Viel schlimmer als zu wenig Wasser findet eine Hauswurz nasse Füße, in verdichtetem Boden könnte sie ziemlich schnell schlappmachen (und ein Pflanztopf braucht unbedingt einen Abfluss).
Düngen
Dünger kennt eine Hauswurz nicht, eher das Gegenteil, Mangel bis zur Existenznot. Deshalb sollten Sie die Hauswurz auch nicht düngen, zu viele Nährstoffe machen sich schnell und unangenehm bemerkbar (Entwicklung von Fehlfarben, Fäulnis). Zu wenig Dünger gibt es eigentlich nicht, wenn der Garten einigermaßen naturnah geführt wird und die Erde in Pflanztöpfen gelegentlich erneuert wird.
Schneiden
Hauswurze sind so klein, dass wohl niemand auf die Idee käme, sie zu beschneiden. Für Pflanzen-Anfänger, die gelesen haben, dass jede Pflanze durch Beschnitt zu besserem Wachstum angeregt wird: Das gilt für die Hauswurz grundsätzlich nicht, sie darf erst einmal ganz frei ihre Rosetten entwickeln.
Wenn sie dann zwei bis drei Jahre alt ist, wird die Mutterpflanze zu blühen beginnen. Meist kommt die Blüte aus der Rosette in der Mitte, die vorher noch ein Stück höher wächst. Das passiert bei dieser Rosette nur ein Mal, bei den Hauswurzen handelt es sich nämlich um hapaxanthe (monokarpe) Pflanzen, die nur einmal blühen können.
Die Rosetten, die geblüht haben, sterben deshalb nach der Blüte ab, wenn das geschehen ist, können Sie die Reste wegschneiden. Das ist aber kein Beschnitt im eigentlichen Sinne, der Rest bleibt stehen, die Triebe rundherum sterben nicht, sondern wachsen weiter.
Vermehrung
Die in Rosetten wachsenden Hauswurze beginnen nach der ersten Blüte, Sekundärrosetten auszubilden. In geeignetem Umfeld breiten sich die meisten Hauswurz ganz alleine aus, indem sie Ausläufer “in die Gegend schicken”, an deren Spitzen Tochter-Rosetten wachsen, und durch Samen.
Die neuen Rosetten sind neue kleine Pflanzen, selbst produzierte Ableger, die Sie zur Vermehrung nutzten können. Sie trennen die Rosetten einfach von der Mutterpflanze ab (durch vorsichtiges Auseinanderziehen mit den Händen) und setzen sie in ihr neues Pflanzgefäß. Auch die nicht in Rosetten wachsenden Hauswurze bilden neue Triebe, die Sie als Ableger nutzen können. Die beste Zeit für das Einpflanzen der Tochterrosetten oder Neeutriebe ist das Frühjahr, jetzt ist die Pflanze ohnehin auf Wachstum programmiert.
Züchter und Liebhaber ziehen sich häufig (seltene) Hauswurz-Arten aus Samen heran. Das Hantieren mit den Hauswurz-Samen, die bestimmt zu den kleinsten Samen der Welt gehören, ist aber wirklich nur eine Beschäftigung für geduldige Menschen. Schon die staubfeinen Samen auf die Anzucht-Erde zu befördern, gelingt nur mit glattem Pergamentpapier, und die nötige Feuchtigkeit wird aufgesprüht, damit die feinen Samen nicht leiden … Sie können allerdings lange Versuche starten, Hauswurz-Samen bleiben Jahrzehnte lang keimfähig.
Überwintern
Mit dem Überwintern einer Hauswurz im Garten werden Sie keine Probleme haben, auch bei großer Kälte nicht, die Hauswurz braucht den Kältereiz sogar.
Auch die Hauswurzen in Pflanzgefäßen bleiben im Winter besser draußen, in sehr rauen Regionen können Sie sie allenfalls an die Hauswand und auf ein Holzbrett oder eine Styroporplatte stellen und zum Schutz ein wenig mit Luftpolsterfolie oder Vlies umwickeln.
Arten und Sorten
Die Hauswurz ist das richtige Gewächs für Gärtner, die in ihrem Garten Abwechslung sehen möchten.
Die bekannteste und häufigste Hauswurz ist die Echte Hauswurz “Sempervivum tectorum”, diese wohlvertraute Hauswurz gibt es in zwei Unterarten und in rund 120 anders aussehenden natürlichen Varianten. Sie wird auch gerne gezüchtet, in der Hauswurz-Liste (http://www.sempervivum-liste.de) tauchen schon unter den Kultivaren, deren Namen mit “A” beginnt, über 20 Zuchtsorten der Echten Hauswurz auf.
Diese Echte Hauswurz ist aber nicht die einzige Art der Gattung Sempervivum, auch nicht die einzige Art, die unsere Gärten schmücken kann, und auch nicht unbedingt der Liebling der Hauswurz-Züchter.
Es gibt nämlich viele Arten Hauswurzen, so ungefähr 50 bis 200. Etwas ungenau? Richtig, das liegt daran, dass die Familie der Dickblattgewächse innerhalb ihrer Ordnung (den Steinbrechartigen, die vor rund 135 Millionen Jahren mit ihrer Entwicklung begannen) eine sehr junge Familie ist, und die Gattung Sempervivum ist noch jünger, wie jung genau, weiß man noch nicht. Die Botaniker wissen aber, dass es sich um eine sehr spannende Gattung handelt, die sich noch nicht in einer stabilen Phase ihrer evolutionären Entwicklung befindet; dass alle Mitglieder der Gattung sehr nah miteinander verwandt sind und dass die Arten gerne ein ganz unterschiedliches Aussehen an den Tag legen.
Das ist nicht nur für Botaniker spannend, sondern auch für leidenschaftliche Hobbyzüchter, denn die Semperviven entwickeln unglaublich viele Varietäten und Formen, auch viele natürliche Hybriden, die sich oft wieder zurückkreuzen können – insgesamt ergibt sich eine fast endlose Vielfalt. Momentan erkennen die meisten Botaniker um 75 natürliche Arten an, beginnend bei Sempervivum alidae bis hin zu Sempervivum zeleborii. Innerhalb dieser Arten gibt es dann viele Variationen, vom Spinnweb-Hauswurz Sempervivum arachnoideum wurden inzwischen z. B. rund 100 ziemlich unterschiedlich aussehende Naturformen gefunden. Aus all diesen Arten und Naturformen werden nun Kultivare gezüchtet, die erst als Zuchtsorte anerkannt werden, wenn sie eine gewisse individuelle Besonderheit aufweisen.
Sehr sehr viele Kultivare, die Hauswurz-Liste enthält momentang 8.240 Kultivare. Als Zucht-Mutterpflanzen sind andere Arten beliebter als die Echte Hauswurz: Unter den 520 Kultivaren, die in der Hauswurz-Liste unter “A” verzeichnet sind, befinden sich über 30 Kultivare von Sempervivum arachnoideum, die schon als variationsfreudig gilt, gegenüber dem mit 240 Kultivaren auftrumpfenden Balkan-Fransenhauswurz “Sempervivum heuffelii” jedoch offensichtlich eher einfallslos ist.
Häufig gestellte Fragen
Meine Hauswurz hat viele schlecht gefärbte Blätter und lange dünne Zweige, ist sie krank?
Krankheiten und Schädlinge sind bei den Semperviven eigentlich unbekannt. Eher stimmt die Haltung nicht, die geschilderten Symptome könnten von zu feuchter Erde kommen, oder davon, dass die Hauswurz zu dunkel steht. Eigentlich klingt das nach Zimmerhaltung, mit der sich Sempervivum wirklich schwer tut. Abhilfe bringt langfristig nur auspflanzen (oder an jemanden mit Garten “vererben”), bis dahin so oft wie möglich in Freie in die Sonne stellen, auch im Winter.
Die Hauswurz soll auch als Heilmittel bekannt sein, wissen Sie etwas darüber?
Ja, schon, zusammen mit sechs Krebsen gekocht soll Hauswurz gegen Halsentzündung helfen, in Milch mit Weinstein gekocht gegen Bettnässen, auf Warzen gegen diese, aber nur bei Sprechen der entsprechenden Beschwörungsformel und Rückwärtsgehen (wie lange, kann ich Ihnen leider nicht sagen) … Besser lassen Sie das alles, von der Schulmedizin wird Hauswurz heutzutage nicht eingesetzt, sie ist vom Bundesgesundheitsamt auch nicht als Heilpflanze anerkannt. Sie soll zwar äußerlich angewandt schmerzstillend und entzündungshemmend und noch einiges mehr sein, bevor Sie irgendetwas probieren, sollten Sie aber unbedingt mit einem Arzt sprechen – nur ob ein Hauswurzblatt auf dem Mückenstich wirklich sofort das Jucken stoppt, könnte vielleicht getestet werden.