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Schiefteller sind die richtigen Pflanzen für alle Anhänger des Retro-Style: Genau wie bei anderen Anknüpfungen an ältere Traditionen gibt es auch bei den Achimenes gute Gründe dafür, die schmucken Blütenpflanzen wiederzuentdecken.
Die Gesnerien waren in den 1960er/1970er Jahren nicht umsonst sehr beliebt; sie zeigen mit 20 bis 50 cm genau die richtigen Wuchshöhen für Zimmer und Balkon und sie blühen an jedem einigermaßen hellen Standort fast ganzjährig. Pflegeleicht und leicht zu überwintern, ausdauernd und unglaublich variantenreich in ihren Blütenfarben sind sie dann auch noch, was will man mehr?
Steckbrief
- Die Achimenes gehören zur Familie der Gesneriengewächse
- Zum Tribus Gloxinieae, sie sind eng mit Gloxinien (und Usambaraveilchen) verwandt
- Die Schiefteller bilden eine eigene Gattung mit ca. 25 Arten
- Der komische Name kommt daher, dass die Blütenblätter asymmetrisch ineinander verwachsen
- Trotzdem sehen die Blüten des “Schieftellers” eigentlich ziemlich ordentlich aus …
- Sie kommen aus Mittel- bis Südamerika
- Mehrere Arten werden kultiviert, auch als ursprüngliche, artenreine Pflanzen
- Der Handel wird inzwischen durch eine große Anzahl von Hybriden bestimmt
Pflege von Gesnerien
Wenn im Titel von “Pflege der Gesnerien” gesprochen wird, könnte das den Eindruck erwecken, als wenn “Schiefteller” für “Gesnerien” steht bzw. die üblicherweise verkauften Gesnerien sind. Das ist ganz und gar nicht so, wenn Sie im Fachhandel eine Gesnerie verlangen, bekommen Sie eine “Gesneria cuneifolia”.
Überhaupt sind die Gesnerien eine große Familie: Überwiegend tropische Pflanzen, mit rund 150 Gattungen und irgendetwas zwischen 2.000 und über 3800 Arten. Davon werden Arten mehrerer Gattungen als Zierpflanzen kultiviert, bei uns haben sich einige Gesneriengewächse beliebt gemacht:
- Aeschynanthus, Schamblume
- Achimenes, Schiefteller
- Columnea, Rachenrebe
- Episcia, Schattenröhre
- Gesneria, Gesnerien
- Kohleria, Kohlerien
- Saintpaulia, Usambaraveilchen
- Sinningia, Gloxinie
- Streptocarpus, Drehfrucht
Gemeinsam sind den Gesneriengewächsen die leuchtend gefärbte Blüten mit Blütenblättern, die am Grund zu einer röhrenförmigen Blumenkrone zusammenwachsen. Alle Gesnerien kommen auch recht gut mit unseren Zimmertemperaturen zurecht. Ansonsten zeigen die Gesnerien drei verschiedene Wurzelsysteme, sehr unterschiedlichen oberirdischen Wuchs und sehr unterschiedlichen Wasserbedarf, einige Gesnerienarten werden durchkultiviert, andere brauchen unbedingt eine Ruhepause. Die Pflege der Gesnerien lässt sich also nicht über einen Kamm scheren, sondern muss für jede Art gesondert erkundet werden. Hier geht es nun (und nur) um die Art Achimenes.
Standort
Achimenes soll vom griechischen “cheimanos” = zartbesaitet, kälteempfindlich kommen, niedrige Temperaturen wollen die in Mittel- bis Südamerika beheimateten Pflanzen nicht erleben. Solange es nicht zu kalt wird, sind Schiefteller ziemlich genügsam, jede Temperatur zwischen 15 und 25 °C ist ihnen Recht.
Das Lichtbedürfnis der kleinen Pflanzen ist nicht sehr hoch: In Deutschlands geringer Lichtintensität stehen Schiefteller zwar gerne hell, kommen aber mit indirekten Licht ohne direkte Sonnenbestrahlung aus. Vor einer Bestrahlung durch direkte Mittagssonne sollten Achimenes sogar besser geschützt werden.
Substrat
Schiefteller wachsen gut in einer Mischung aus gleichen Teilen Sand und Blumenerde oder in einer anderen leichten Humuserde mit ein paar Nährstoffen. Auf jeden Fall muss das Substrat gut wasserdurchlässig sein. Hören Sie nicht darauf, wenn für Achimenes Torfsubstrat empfohlen wird, dem Sie dann wieder Kalk zumischen sollen, um den Säuregehalt zu verringern. Das ist mehrfacher Unsinn: Sie kaufen ein für Pflanzen zu saures und wegen geringem Nährstoffgehalt sowieso nicht geeignetes Substrat, um es mit Kalk wieder zu entsäuern, und sorgen damit gleich noch für Vernichtung von Moorflächen, die im Hinblick auf Klimaschutz nur durch die sechsfache Fläche Wald ersetzt werden können …
Schiefteller wachsen wie die meisten Pflanzen in Böden mit normalem pH-Wert, mögen keine kalkhaltigen Böden über pH 6.5 und vertragen (nicht: brauchen) auch noch leicht saure Böden bis zu pH 6.1.
Pflanztopf und Umtopfen
Schiefteller können in ganz normalen Pflanztöpfen kultiviert werden, die aus jedem der angebotenen Materialien bestehen können.
Achimenes werden jedes Jahr umgetopft, nachdem sie als Rhizome in der alten Erde überwintert haben. Sie nehmen die überwinterten Rhizome im Frühjahr vor Austriebsbeginn vorsichtig aus ihrer “Überwinterungserde”, schütteln so viel wie möglich ab und pflanzen sie in einen Topf mit frischem Substrat.
Pflanzen, Anzucht
Heute können Sie in vielen Gärtnereien Jungpflanzen der Schiefteller kaufen.
Als die Schiefteller so richtig “in” waren, gab es in jeder Gärtnerei im Frühjahr die wurmähnlichen Achimenes-Rhizome zu kaufen, heute werden Sie in manchen Orten noch ziemlich suchen müssen. Im Internet müssen Sie nicht suchen, pünktlich ab Januar/Februar liegen die ersten Rhizom-Würmchen auslieferbereit bei den Achimenes-Händlern, und dort bleiben sie dann gewöhnlich bis Mitte März und sind manchmal sogar bis zum 1. Mai verfügbar.
Dieses saisonal beschränkte Angebot hat natürlich seinen Grund, im Winter möchten die Schiefteller in Ruhe schlafen, Sie sollten sie erst bestellen, wenn die Rhizome sofort eingepflanzt werden und ins Wachstum starten können. Achimenes für den Garten sollten erst bestellt werden, wenn die Erde bereits aufnahmebereit ist, also in vielen Regionen so spät wie möglich, weil sie erst nach den Eisheiligen oder sogar noch später gepflanzt werden können.
Wenn Sie irgendwo Samen bekommen, können Sie diese auch direkt aussähen; im Garten erst, wenn die Erde bearbeitungsbereit ist und kein Frost mehr zu befürchten ist.
Gießen, Düngen, Schneiden
Achimenes lieben konstante Feuchtigkeit und gut nährstoffreiche Erde, die bei Achimenes im Kübel in der Wachstumssaison fortlaufend mit Dünger versorgt werden muss. Geben Sie den Schieftellern anfangs wöchentlich etwas schwach konzentrierten stickstoffreichen Flüssigdünger, ein hoher Stickstoffanteil lässt die Blätter gesund und kräftig wachsen. Sobald die Knospenbildung beginnt, sollten Sie auf Blühdünger mit höherem Anteil an Phosphat und Kalium umstellen.
Im Garten reicht es, wenn normal nährstoffhaltiger Gartenboden mit etwas Kompost vorbereitet wird. Etwa in der Mitte der langen, von Mai bis September dauernden Blüte können gerne noch ein paar Nährstoffe nachgegeben werden. Am besten reifer Kompost oder anderer organischer Dünger, die werden langsam abgebaut, so können Sie die bei synthetischem Dünger häufige pflanzenschädliche Überdüngung vermeiden.
Gegen Ende der Blütezeit, wenn die Blätter welken, bereiten Sie die Gesneriengewächse auf die winterliche Ruhezeit vor: Sobald die Triebe vollständig vertrocknet sind, können Sie sie kurz über der Erde abschneiden, nur die unterirdischen Rhizome bleiben über den Winter im Pflanztopf.
Überwintern
Achimenes halten Winterschlaf, und Sie möchten während dieses Winterschlafs ihre Ruhe haben. Bei Temperaturen zwischen 3 und 12 °C, die überwinternden Rhizome sollten auf keinen Fall Frost bekommen, die Lichtverhältnisse sind egal, gegossen oder gedüngt wird nicht.
Nach dem Winter kommen die Rhizome in frische Erde, dann wird die Pflanze ans Licht gestellt und ab Mitte März durch sparsame Wassergaben langsam geweckt. Wenn gegen Ende März das Wachstum der neuen Triebe richtig losgeht, wird kräftiger gegossen.
Sorten und Arten
Im Handel werden vor allem Zuchtsorten der Achimenes vertrieben; hauptsächlich Hybriden, die unter Beteiligung mehrerer Arten entstanden sind, beispielsweise:
- ‘Ambroise Verschaffelt’, historische Zuchtsorte vom Namensgeber der meistgezüchteten Schiefteller-Art, der belgische Botaniker/Gärtner Ambroise Verschaffelt
- ‘Apricot Glow’ blüht apricotfarben
- ‘Aquamarine’ blüht hellbläulich
- ‘Blue Monarch’ blüht in ganz hellem Lila
- ‘Cameo Rose’, kleinere Sorte, blass rosafarbene Blüten mit magentafarbenen Akzenten
- ‘Claret’, Blüten in intensivem Weinrot mit purpurfarbener Zeichnung
- ‘Coral Sunset’, rare Sorte von 1980, bronzefarbene Blätter, korallenrote Blüten mit gelben Akzenten
- ‘Double Pink Rose’, klein und gut verzweigt, Blüten zartrosa und stark gefüllt, wie gefüllte Begonien
- ‘Erlkönig’ blüht pinkrosa
- ‘Extravaganza’, Blüten zeigen mehrere teils durchschimmernde Farbschichten übereinander
- ‘Fallen Angel’, neue Zuchtsorte mit weißen/cremefarbenen Blüten mit rosa Rand und gelbem Auge
- ‘Côte d’Ivoire’, Blüten zeigen Kombi aus Blassgelb und Lila
- ‘Harry Williams’, alte Schieftellersorte (Viktorianische Zeit), nur wenige sind bis heute erhalten
- ‘Icy Volga’, neu und wohl einziger Schiefteller mit gefüllten weißen Blüten
- ‘Jay Dee Coral’, lachsrosa Blüten, dunkelgrünes Laub
- ‘Jubilee Gem’ außen mattrosa, innen zartgelbe Blüte
- ‘Lady Lyttelton’ blüht knallviolett (falls es diese Farbe gibt)
- ‘Little Beauty’, hängende Blüten in Kirschrot
- ‘Longiflora Major’, blüht Violettblau
- ‘Nightfall’ zeigt ganz dunkelrote Blüten
- ‘Peach Glow’, strahlend pfirsichfarbene Blüte
- ‘Peach Orchard’, zwei Orangetöne in einer Blüte
- ‘Rainbow Warrior’, Blüten in schillerndem Purpurviolett
- ‘Stans Delight’, gefüllte rote Blüten
- ‘Sterntaler’, magentafarbene Blüten
- ‘Tarantella’ blüht knallrosa
- ‘Vivid’, fuchsienrosa Blüten.
- ‘Yellow Beauty’, wohl einzige Sorte mit gelben Blüten
Das war nur ein kleiner Ausblick zum “Appetit machen”, es gibt noch viel mehr Hybriden, die allerdings auch ihre Nachteile haben: Wenn Hybriden aus mehreren Arten entstehen, werden die Gene im Labor gemixt. Die Gattung Achimenes besteht aber aus etwa 25 Arten, von denen einige kultiviert werden, auch noch im Weg der ganz normalen Zucht durch geduldige Selektion genetisch unbeeinflusster Pflanzen. Über spezielle Gärtnereien oder Tauschbörsen bekommen Sie ursprüngliche Achimenes, in einigen Arten, Achimenes dulcis und Achimenes erecta, Achimenes grandiflora, Achimenes heterophylla und Achimenes longiflora.
Häufig gestellte Fragen
Achimenes gibt es sehr viele, habe ich im Internet gesehen – kann man die züchten?
Ja, klar, nie waren die privaten Gärtner in der Pflanzenzucht mehr gefragt als heute: Bei einem immer größeren Teil der industriell erzeugten Pflanzen erfolgt die Gen-Auswahl im Labor, und nur geballter Einsatz der Privatgärtner kann helfen, eine gesunde Vielfalt von Pflanzen mit unbeeinflusstem Genom zu erhalten (falls die künstliche Gen-Manipulation nicht weitsichtig genug war, was bei kommerziell orientierter Pflanzenzucht schon öfter mal zu beobachten war). Sie sollten sich dafür aber auf jeden Fall echte, ursprüngliche Achimenes besorgen, bei denen Sie sicher sein können, dass die Gene nicht anders als durch Auswahl der schönsten Pflanzen manipuliert wurden.
Kann ich die Schiefteller selbst vermehren?
Klonen (ungeschlechtlich vermehren) können Sie sie superleicht: Schiefteller lassen sich durch Teilung der Rhizome, durch Kopfstecklinge und durch alle möglichen Pflanzenteile vermehren, die abgeschnitten und in die Erde gesteckt werden. Zur geschlechtlichen Vermehrung aus Samen siehe Frage oben.