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Panikartige Angst vor Spinnen? Wie viel bleibt davon übrig, wenn Sie alle Medien-Horrorgeschichten aus Ihren Hirn tilgen? Vermutlich nicht viel, vor allem wenn Sie diesen Artikel gelesen haben, der Ihnen alle möglichen Angst abbauenden Fakten über Spinnen verrät. Er verrät Ihnen auch, warum Spinnen im Garten wichtig und sogar im Haus ziemlich nützlich sind. Falls die Panik nicht ganz so leicht abzubauen ist, erfahren Sie auch, welche Tricks es gibt, um möglichst viele Spinnen aus Ihrem Haus zu halten bzw. zu vertreiben.
Steckbrief
- Spinnentiere sind eine Klasse des Tierreichs mit 8 Ordnungen von Kleintieren
- Als echte Spinnen werden von Wissenschaftlern nur die Webspinnen angesehen
- Davon gibt es über 1000 Arten, zum größten Teil allerdings Freiluftfanatiker …
- Deshalb haben Sie es im Haus nur mit wenigen Arten zu tun, die alles andere wollen als Sie beißen
- Nützlich sind die Spinnen alle, niemand vertilgt mehr Insekten
- Auch im Haus befreien Spinnen Sie von allem möglichen Ungetier
- Spinnen vertreiben ist zwar in gewissem Maße möglich, eine entspannte Einstellung zu ihnen ist aber vorteilhafter …
- Sie können sich sogar freuen, wenn Spinnen Ihr Haus mögen – sie zeigen nämlich an, dass bei Ihnen ein hervorragendes Wohnklima herrscht
Eine häufige Phobie?
Man hört so oft von Spinnenphobien, dass es manchem Menschen völlig normal erscheint, sich vor Spinnen zu fürchten. Ganz so ist es nicht: In einer global vernetzten Welt, in der jede Minute über neue Katastrophen berichtet wird, gibt es viele Angststörungen, auch Phobien. Eine Phobie ist die Angst vor etwas ganz Bestimmtem, rund 2,5 % unserer Bevölkerung leidet darunter. Manchmal werden jedem Menschen bekannte Ängste zu heftig und damit zur Belastung (Angst vor Dunkelheit, Waffen, Krankheit, Blut), manchmal ist der Angst auslösende Gegenstand sehr speziell (Angst vor Blumen, Clowns, Knoblauch und Beobachtung durch Enten). Erhebliche Einschränkungen für die Betroffenen, aber für unsensible Menschen oft noch Grund zur Belustigung (obwohl der größte Teil der Ängste phantasiebegabten Menschen völlig vernünftig erscheint, siehe Liste unter phobien.ndesign.de). Auf jeden Fall belastet zu stark ausgebildete Angst, und auch wenn Spinnenphobie als eine von gut 500 Phobien tatsächlich nur sehr wenige Menschen belastet, gibt es sie.
Die Wissenschaft hat verschiedene Ursachen in Verdacht:
- Je mehr die Erscheinung eines Tieres von der menschlichen abweicht, desto stärker ängstigt es uns – aber es gibt Lebensformen, die stärker vom menschlichen Erscheinungsbild abweichen als Spinnen und trotzdem weniger Phobien verursachen.
- Spinnen werden üblicherweise unerwartet und nahe am Körper bemerkt.
- Spinnen sind im Verhältnis zu ihrer Körpergröße sehr schnell und bewegen sich auf unvorhersehbare Art.
- Urängste seien verantwortlich, genetische Fixierung, weil Spinnen gefährlich sein können – bei uns ist die Gefahr dafür aber eigentlich zu gering (dazu siehe gleich unten).
- Erlerntes Verhalten des Kleinkinds von seinen engsten Bezugspersonen. Dafür spricht, dass Naturvölker keine Spinnenphobie kennen.
Die Achtbeiner unserer Heimat
Die Angst vor den Spinnen ist schon nicht ganz falsch, immerhin gehören auch Skorpione zu den Spinnentieren, an deren Stichen sterben auch heutzutage jährlich zwischen 1.000 und 5.000 Menschen. Aber nicht bei uns, die drei überdauerten europäischen Arten leben ausschließlich südlich der Alpen, dort unter Steinen, in Felsspalten und in Höhlen.
Spinnen gibt es mehr bei uns; echte Spinnen, zu denen wissenschaftlich betrachtet nur Spinnen aus der Ordnung der Webspinnen gehören, in aktuell 1.060 Arten (lt. wiki.spinnen-forum.de). Umgangssprachlich werden alle Spinnentiere als Spinnen wahrgenommen, die im Gegensatz zu Insekten (6 Beine) 8 Beine haben – damit kommen noch 54 Arten Weberknechte hinzu. Der Rest einheimische Spinnentiere setzt sich aus ein paar winzigen Pseudoskorpionen, um 2.500 ebenso schlecht sichtbaren Milbenarten und ein paar unter der Erde lebenden Palpenläufern zusammen.
Das hört sich schon besser an, wir haben gerade aus aktuell 44.540 Arten Spinnentieren 43.386 Arten aussortiert, die Ihnen in Deutschland nicht begegnen werden … Bleiben 1.114 Arten Spinnen – die alle nützlich sind und bei niemandem Ängste auslösen müssten:
Nützlich und harmlos
Spinnen leben nicht umsonst in unserer Welt, sondern erledigen einige wichtige Umwelt-Aufgaben:
- Spinnen regulieren unsere Insekten-Populationen
- Für den Insektenfang bauen sie kunstvolle Netze, für Bioniker Wunderwerke
- Spinnen lernen mit fortschreitendem Alter dazu, die Netzkonstruktion wird immer besser
- Als leistungsfähige Insektenvernichter sind Spinnen in unserem Ökosystem sehr wichtig
Keine einzige der in Deutschland heimischen Spinnenarten ist so giftig, dass sie für Menschen ernsthaft bedrohlich werden könnte. Bei uns gibt es sowieso nur drei Spinnen-Arten, deren Biss leicht giftig wäre, Kreuzspinne, Wasserspinne und Dornfinger. Von denen einen Biss abzubekommen, ist aber fast schon eine Kunst: Wie die meisten wehrhaften Insekten beißen sie erst, wenn es ihnen absolut an den Kragen geht. Außerdem leben sie sehr versteckt oder unter Wasser und kommen kaum mit Menschen in Kontakt. Aus all diesen Gründen hört man viel über Angst vor Spinnen (in den Medien mehr als im wirklichen Leben), aber kaum etwas über tatsächlich vorgekommene Spinnenbisse oder Menschen, die durch Spinnenbisse Beschwerden hatten.
Naturschutz
Weil Spinnen in unserer Umwelt so wichtig sind, sind sie gesetzlich geschützt, mitunter gleich mehrfach:
- Erst einmal allgemein, wie jedes Wildtier, sie dürfen nach § 39 Bundesnaturschutzgesetz weder mutwillig beunruhigt noch ohne vernünftigen Grund gefangen, verletzt oder getötet werden.
- Auch ihre Lebensstätten dürfen nicht grundlos beeinträchtigt oder zerstört werden.
- Spinnennetze stehen bei uns also tatsächlich unter Naturschutz … was gerechtfertigt erscheint, wenn Sie ein Spinnennetz unter einer Lupe betrachten.
- Einige Spinnen sind sogar noch besser geschützt, nach § 44 Abs. 1 BNatSchG, sie dürfen eigentlich ohne Genehmigung nicht gestört werden.
- Etliche Spinnen stehen bereits als “stark gefährdet” auf der Roten Liste.
- Deshalb wird seit der Jahrtausendwende eine “Spinne des Jahres” vorgestellt, die Titelträger können Sie auf de.wikipedia.org/wiki/Spinne_des_Jahres betrachten.
Damit ist zumindest bei Spinnen im Garten die Bitte angebracht: Lassen Sie sie einfach leben, sie tun unserer Umwelt und damit mittelbar auch Ihnen selbst nur Gutes.
Spinnen aus dem Haus vertreiben?
Spinnen sind arbeitsame Tiere, immer auf der Suche nach Insektenbeute. Es kann schon einmal sein, dass sie (meist im Herbst) irgendwie ins schön kuschlige Haus geraten und beschließen, den kalten Winter in einer warmen und stillen Zimmerecke zu durchleben.
Vor allem Hauswinkelspinnen und Zitterspinnen fühlen sich im menschlichen Heim recht wohl. Die Hauswinkelspinne ist der klassische Schrecken der Arachnophobiker, groß und dunkel und mit feinem Pelz auf dem Hinterteil. Dabei ist der Körper selbst kleiner als ein Fingernagel, der Rest sind furchtbar dünne Beine, und böse Absichten hat das zarte Wesen nicht, sie käme mit dem Biss sowieso nicht durch unsere Haut – die nicht zu den Mutigsten gehörende Winkelspinne bibbert eher vor Ihnen.
Die Zitterspinne, der zweite häufige, oft mit Weberknechten verwechselte Hausbewohner, zeigt das sogar: Wenn Sie zufällig ihr Netz berühren, kann sie nicht mehr anders, sie beginnt haltlos zu zittern. Gegen andere tritt sie mutiger auf, sie stellt z. B. den Hauswinkelspinnen nach und schafft es tatsächlich, diese in ihrem Netz einzuspinnen.
Sonst verirren sich noch manchmal Spinnen freiheitsliebender Arten in Haus, die spätestens dann das Weite suchen oder vertrocknen, wenn Sie im Herbst zu heizen beginnen.
Es ist gar nicht so schlecht, wenn eine Spinne den Versuch startet, bei Ihnen im Haus den Winter zu überstehen. Hier wird sie nämlich versuchen, fette Beute zu machen: Die üblichen Hausspinnen fressen alle lästigen Insekten weg, von der Stechmücke bis zur Stubenfliege, außerdem Fruchtfliegen, Milben, Blattläuse, Wanzen, die Hausspinnen im Keller dekorieren diesen gerne mit ausgelutschten Kellerasseln. Die meist in der Bodenschicht lebenden Weberknechte bauen keine Fangnetze, sondern ernähren sich z. B. von Hausstaubmilben.
Wenn Vertreibung sein muss, weil Sie keine Lust haben, Ihrem Partner dauernd unter Murmeln therapeutischer Beruhigungsformeln vom Stuhl zu helfen, gibt es mehrere nicht allzu gewalttätige Möglichkeiten, die Spinnen loszuwerden:
- Glas über die Spinne zu stülpen, ein Blatt Papier zwischenschieben, das Ganze vorsichtig umdrehen und nach draußen tragen, Spinne freilassen.
- Gehen Sie ein paar Meter in den Garten hinein, ich habe schon erlebt, dass eine Hausspinne, die vor dem Hund gerettet werden sollte, sofort umdrehte und wieder ins Warme strebte. Ehrlich!
- Spinnen in Waschbecken und Badewanne sind reingekrabbelt und kommen nicht wieder raus (Katzenbesitzer kennen das Spiel, mit Katzen und Bäumen).
- Bei der Spinne brauchen Sie keinen Feuerwehreinsatz bezahlen, entweder bekommt sie ein Handtuch als Leiter ins Becken gelegt oder Sie wählen die Glas-Papier-Variante.
- Lassen Sie sich nicht erzählen, dass Sie Spinnen Zutritt verwehren könnten, dazu müssten Sie Ihr Haus hermetisch versiegeln.
- Erstens praktisch unmöglich (Kabelschächte, Wasserhähne, Dunstabzugshaube …), zweitens für das Wohnklima eine Katastrophe.
- Insektengitter halten die ein oder andere zerstreute Spinne ab, zielorientierte Spinnen finden aber an ihnen vorbei einen Weg ins Haus.
- Die können Sie vielleicht mit unangenehmen Düften umlenken, wobei auch Spinnen durchaus unterschiedliche Abneigungen haben sollen …
- Einen Versuch könnten Sie mit Kastanien und Walnüssen starten, locker verteilt an möglichen Spinnenzugängen.
- Pfefferminzöl, Eukalyptusöl und Teebaumöl sollen nicht riechen können, in Wasser lösen und in “Spinneneingänge” sprühen.
- Da Spinnen durch die Gerüche zum Abdrehen/Umdrehen verleitet werden sollen, könnten Sie Ihr Haus eigentlich am besten von außen besprühen.
Häufig gestellte Fragen
Es werden auch Ultraschallstecker gegen Spinnen angeboten, helfen die?
Ja, nach den Erfahrungen, die man lesen kann, aber nur der Brieftasche des Händlers. Ebenso wie überteuerte Spinnensprays, die entweder verdünnte Pflanzenöle enthalten oder kritische Chemie, die Sie nicht wirklich in Ihrer Wohnung versprühen möchten (ist auch verboten, im Pflanzenschutzgesetz sind Spinnen schutzwürdige Nützlinge) … Vorsicht bei Anti-Spinnen-Tipps im Internet: Häufig gefährlich (auch für Sie), oder unwirksam oder unnötig grausam und damit verboten.
Ich will meine Fassade begrünen – hole ich mir dadurch Spinnen und anderes Ungeziefer ins Haus?
Im Gegenteil, die fühlen sich im Freien wohler als im Wohnräumen und krabbeln raus. Weiter hilft das Fassadengrün Vögeln, Bienen und Schmetterlingen, Ameisen und Tausendfüßler finden Unterschlupf, und Sie verbessern Ihr Wohnklima: Pflanzengeschützte Hauswände erwärmen sich im Sommer nicht über 30 Grad und bleiben im Winter wärmer, ein toller Temperaturausgleich.