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Ihr Kind möchte unbedingt eine fleischfressende Pflanze? Dann ist eine Kannenpflanze sicher eine gute Wahl, sie wird den Entdeckungshunger Ihres Kids voll und ganz befriedigen, fordert aber auch, mit Informationsbedarf und Pflege-Verantwortung. Wenn Sie jedoch einfach nur praktisch denken und die Insekten in Ihrem Haushalt von stummen und einfach zu unterhaltenden Helfern entsorgen lassen möchten, sollten Sie wahrscheinlich nicht unbedingt zuerst zu einer Nepenthes greifen – Auswahl und Pflege der Kannenpflanze erfordern schon ein leidenschaftliches Interesse. Nachfolgend erhalten Sie eine Anleitung zu Pflege und Vermehren der wundersamen Kannenpflanze.
Steckbrief
- Alle Nepenthes sind Karnivoren = fleischfressende Pflanzen
- Sie gehören zur Ordnung der Nelkenartigen und sind die einzige Gattung der Familie Kannenpflanzengewächse
- Sie haben sich hauptsächlich auf dem Indonesischen Archipel entwickelt
- Nepenthes wachsen von der Höhe des Meeresspiegels bis in Berge hinauf
- Nach ihren ziemlich unterschiedlichen Ansprüchen werden Hochland- und Tiefland-Nepenthes unterschieden
- Bisher hat man rund 100 Arten der Gattung der Nepenthes entdeckt
- Das ist mit Sicherheit nicht das Ende, laufend werden neue Arten entdeckt und beschrieben.
- Dann gibt es noch einige Kultur-Hybriden, die vor allem bei Nepenthes-Anfängern beliebt sind
Besondere Ansprüche in zwei Varianten
Die auch Kannensträucher genannten Nepenthes haben sich auf den südostasiatischen Inseln entwickelt, von Indonesien, Malaysia und den Philippinen bis nach Borneo und Sumatra, ein paar auch in China und Australien, in vielen Arten.
Mit deren Kulturansprüchen Sie sich auseinandersetzten müssen, viele Nepenthes brauchen 70 bis 90 % Luftfeuchtigkeit, wenn Sie ein solches Klima in Ihren Wohnräumen herstellen, freuen sich nicht nur Kannenpflanzen, sondern auch Schimmelpilze, nicht in jeder Wohnung wird sich also ein gutes Quartier für Kannenpflanzen finden.
Die Arten und die grundsätzlichen Ansprüche
Bei den Nepenthes gibt es Hochland- und Tieflandarten mit eigenen ziemlich entschiedenen Ansprüchen an ihre Kultur. Seit die schönen Kannenpflanzen jedoch als Zierpflanzen verwendet werden, wurden verschiedene Zuchtsorten entwickelt, die anspruchsloser sind. Hier eine Übersicht aller kultivierten Arten und Sorten, mit Anmerkungen zu Besonderheiten und Haltung dieser Nepenthes:
Zucht-Hybriden
Die rätselhaften Kannenpflanzen haben die Zimmergärtner schon zu Zeiten fasziniert, als es in Haushalten noch keine klimatisierbaren Gewächshäuser und Terrarien gab. Nachdem sich im 19. Jahrhundert die größte Gärtnerei und Baumschule Europas in ihren englischen „Veitch Nurseries“ der Nepenthes annahm, wurden die “Kannen” als Zierpflanzen immer beliebter, heute kennt man mehrere hundert Hybriden.
Diese Hybriden wurden nicht für Botaniker gezüchtet, sondern für ganz normale Zierpflanzenhalter mit Freude an Exotik, die Züchter achteten deshalb vor allem auf “Alltagstauglichkeit”, die Nepenthes-Hybriden sind meist viel robuster als die reinen Arten und dazu noch starkwüchsiger.
Neben den paar eher anspruchslosen Naturarten sind es vor allem diese Hybriden, die Sie in den Blumengeschäften und Gartencentern und vielleicht sogar im Baumarkt finden, hier die bekanntesten und ihre Abstammung:
- N. ‘Coccinea’ entstand aus N. alata und N. ampullaria
- N. ‘Emmarene’ vereint N. khasiana und N. ventricosa
- N. ‘Judith Finn’ besteht aus N. spathulata und N. veitchii
- N. ‘Mixta’ kreuzt N. northiana mit N. maxima
- N. ‘Ventrata’ enthält N. alata und N. ventricosa
Wer sich wirklich mit Kannenpflanzen beschäftigen möchte, wird sich aber nur mit den natürlichen Arten umgeben, die deshalb jetzt folgen, zuerst die unkompliziertere Variante:
Tiefland-Nepenthes
Die in der Natur unter 1200 m wachsenden Tiefland-Nepenthes mögen es grundsätzlich heiß und feucht, am liebsten das ganze Jahr Temperaturen um die 30 °C. Bis auf die als besonders einfach herausgestellten Arten ist die Kultur der nachfolgend aufgelisteten Arten nicht ganz unkompliziert. Sie brauchen mindestens ein Terrariums, besser ist allerdings ein temperiertes Gewächshaus mit hoher Luftfeuchtigkeit, fast alle Arten brauchen feuchte und helle, aber nicht vollsonnige Standorte. Hier eine Auswahl recht einfach zu haltender Arten:
- N. adnata: Kompakte Pflanze mit auffälliger Wuchsform, rötlich-braun umsäumten Blatträndern und zierlichen, dunkel gefleckten Kannen.
- N. alata: Einfach zu haltende Kannenpflanze für Tiefland- und Hochlandbedingungen
- N. albomarginata: Grüne, tiefrote oder gesprenkelte Kannen bis 15 cm, schmale Blätter bis 25 cm Länge.
- N. ampullaria: Nepenthes für schattige Standorte, kleine, rundliche Kannen in unterschiedlichen Farben, wächst erst als Rosette am Boden und beginnt dann zu klettern.
- N. bellii: Zierliche Art mit kleinen Kannen an langen Tentakeln.
- N. bicalcarata: Kann enorme Ausmaße erreichen und hat Zähne, die senkrecht über der Kannenöffnung stehen.
- N. boschiana: Kannen bis zu 25 cm mit zahlreichen Nektardrüsen, unter Tiefland- und auch unter nicht zu extremen Hochlandbedingungen recht einfach zu halten.
- N. campanulata: Wächst an niedrigen Kalksteinfelsen, strauchig wachsende Art mit kleinen trichterförmigen Kannen.
- N. clipeata: Lebt am Fuße von Bergen, kennt kühle Tage und Nächte nahe dem Gefrierpunkt.
- N. gracilis: Einfach zu haltende Kannenpflanze fürs Fensterbrett.
- N. madagascariensis: Wächst natürlich an offenen Standorten mit zeitweise sehr geringerer Luftfeuchtigkeit, Wohnungshaltung kann also versucht werden.
- N. mirabilis: Nepenthes für schattige Standorte.
- N. neoguineensis: Wächst auf Neu Guinea in schwach bewachsenen Feuchtsavannen und gehört zu den wenigen Nepenthes, die volle Sonne vertragen.
- N. papuana: Ist eng mit Nepenthes neoguineensis verwandt und in ihren Ansprüchen ähnlich.
- N. pervillei: Wächst natürlich an offenen Standorten mit zeitweise sehr geringerer Luftfeuchtigkeit, Wohnungshaltung kann also versucht werden.
- N. rafflesiana: Einfach zu haltende Nepenthes, die z. B. auf Borneo offene Vegetation bis in schattige Wälder besiedelt.
- N. truncata: Ist als einfach zu haltende Kannenpflanze bekannt.
Hochland-Nepenthes
Auch die Hochlandarten (über 1200 m) sind bis auf Ausnahmen nicht einfach und sollten im geheizten Gewächshaus bzw. Terrarium gehalten werden. Ihnen reichen zwar tagsüber 25 °C, dafür möchten sie nacht eine Temperatur-Absenkung von ca. 10°C, hier die Liste der einfacher zu kultivierender Hochlandarten:
- N. alata: Einfach zu haltende Kannenpflanze fürs Fensterbrett.
- N. aristolochioides: Wohl außergewöhnlichste aller Nepenthes-Arten mit gelblich-grünen, rot gefleckten Kannen, die an Pfeifenwindenblüten erinnern.
- N. boschiana: Kannen bis zu 25 cm mit zahlreichen Nektardrüsen, unter Tiefland- und auch unter nicht zu extremen Hochlandbedingungen recht einfach zu halten.
- N. burbidgeae: Gerne kultiviert, cremefarbene, rosa gefleckte Kannen, am Naturstandort sehr selten.
- N. dubia: Siehe N. inermis, 1928 entdeckt, aber recht neu in Kultur und erst seit 2003 weltweit verbreitet.
- N. ephippiata: Wächst meist epiphytisch, nah mit N. lowii verwandt, bildet aber nur Hochkannen.
- N. inermis: Wächst vorwiegend epiphytisch im höheren Geäst von Bäumen und Sträuchern.
- N. jacquelineae: Wächst epiphytisch uns terrestrisch im Wald mit kleinen Bodenkannen und größeren Hochkannen.
- N. jamban: Wächst terrestrisch in Wäldern, ähnlich N. jacquelineae, aber mit drei Kannenformen unten, Mitte, oben, die bestechend Toiletten (indonesisch = jamban) ähneln.
- N. macfarlanei: Nepenthes für schattige Standorte.
- N. ventricosa: Ist als einfach zu haltende Kannenpflanze bekannt.
Standort
Die besonderen Haltungsbedingungen sind oben angemerkt bzw. je nach Art zu ergründen, grundsätzlich gilt innerhalb der verschiedenen Szenarien:
- Fast alle Arten bevorzugen helle Standorte ohne volle Sonne
- Nepenthes in Terrarien-Haltung brauchen häufig zusätzliche Beleuchtung
- “Intermediäre” Arten wachsen in der Natur im zwischen Hoch- und Tiefland (um 1000 m) und können unter Hochland- und Tieflandbedingungen kultiviert werden
- Fast alle Tiefland-Nepenthes brauchen eine durchschnittliche Luftfeuchtigkeit von mindestens 70 %
- Ist die Luftfeuchtigkeit zu niedrig, trocknen die Kannen ein
- Manche Hochland-Nepenthes kommen schon mit einer Luftfeuchtigkeit von 50 % zurecht
- Auch die auf Zimmerhaltung gezüchteten Hybriden überleben in normaler Wohnraumfeuchte
Substrat, Pflanzgefäß, Umtopfen
Als Substrat eignet sich jedes luft- und wasserdurchlässige Gemisch, dass Wasser speichern kann und überschüssiges Wasser gut ablaufen lässt. Keine käuflichen Pflanzsubstrate oder Blumenerden, da die Karnivoren auf viel nährstoffärmeren Böden wachsen, das Substrat sollte also für jede Art individuell gemischt werden, eine ganze Reihe von Bestandteilen bietet sich an:
- Sphagnum-Moos (aus nachwachsenden Beständen)
- Vermiculit
- Quarzkies fein
- Pinienrinde
- Perlit
- Kokosfaser
- Aktivkohle
Die meisten Nepenthes werden in Substrat mit neutralem pH-Wert wachsen, spezielle Wünsche an den pH-Wert des Bodens können bei der Mischung berücksichtigt werden, z. B. ein leicht säuerliches Substrat für Nepenthes von Sumpfböden, das durch ausreichende Beimischung von Sphagnum entsteht.
Das Pflanzgefäß richtet sich nach der Art der Nepenthes, empfohlen wird meist hängende Haltung in eher flachen Töpfen, umgetopft wird bei Bedarf und nur in der Wachstumsphase.
Gießen und Düngen
Die meisten Arten stammen aus regenreichen Gebieten und müssen während der Wachstumsphase recht gut gewässert werden, mit kalkfreiem (Regen-) Wasser in den Untersetzer. Staunässe und Austrocknen sollten vermieden werden, Besprühen ist empfehlenswert.
Als Dünger dienen die in den Kannen verdauten Insekten, aber auch etwas Langzeitdünger wie Osmocote oder Orchideendünger wird von den meisten Arten gerne akzeptiert.
Vermehren
Eine Vermehrung der Nepenthes ist zunächst durch Kopfstecklinge möglich, die von Nepenthes in der Wachstumsphase am Stamm zwischen zwei Blättern abgeschnitten werden und sofort in Substrat gesetzt werden, wo sie bewurzeln. Blattstecklinge sollen auch möglich, aber schwieriger zu bewurzeln sein.
Eine Vermehrung durch Samen ist bei fruchtbaren Nepenthes grundsätzlich möglich, aber nur aus frischen Samen, sie soll sich außerhalb einer in-vitro-Kultur jedoch sehr langwierig gestalten.
Häufig gestellte Fragen
Meine Kannenpflanze bildet keine Kannen mehr – was kann ich tun?
Hier fehlt wahrscheinlich Luftfeuchtigkeit und vielleicht Licht – stellen Sie die Pflanze an ein helles Fenster und in einen großen Untersetzer, der mit Hydrosteinen oder Blähton und bei jedem Gießen mit Wasser gefüllt wird. Dadurch wird die Luftfeuchtigkeit im Umfeld der Pflanze erhöht und sie sollte wieder Kannen hervorbringen.
Muss ich meine Kannenpflanze in die Kannen füttern?
Müssen Sie nicht, wenn Sie in einem normalen, gesunden (z. B. nicht durch übermäßigen Gebrauch von Hygienereinigern lebensfeindlich gestaltetem) Umfeld stehen, sollten Ihrer Nepenthes genug Insekten in die Gleitfallen gehen, sie lockt diese nämlich durch Geruch an. Sie können aber gerne jede gerade erschlagene Mücke in den Kannen entsorgen (wenn Sie anschließend ganz nah mit dem Ohr herangehen, hören Sie ja vielleicht ein sehr zart geflüstertes „Dankeschön“).