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Jeder Deutsche verzehrt jährlich mehr als 60 kg Kartoffeln. Folglich ist es nicht verwunderlich, dass in privaten Nutzgärten der Kartoffelanbau breiten Raum einnimmt. Sobald hier der Kartoffelkäfer gesichtet wird, besteht unmittelbarer Handlungsbedarf, denn der Schädling ist in der Lage, sich explosionsartig zu vermehren.
Die Schäden sind verheerend, denn die Blattkäfer und ihre Larven fressen nicht nur das Kartoffelkraut, sondern machen sich über weitere nützliche Nachtschattengewächse her, wie Tomaten oder Paprika. Strebt der verantwortungsbewusste Hobbygärtner an, gesunde, unbelastete Kartoffeln zu verzehren, lässt er chemische Insektizide links liegen und bevorzugt biologische Bekämpfungsmittel.
Steckbrief
- Familie der Blattkäfer (Chrysomelidae)
- Wissenschaftlicher Name: Leptinotarsa decemlineata
- Beheimatet in Amerika (Colorado)
- Zählt zu den wichtigsten Schädlingen in der Landwirtschaft
- Größe der adulten Kartoffelkäfer: 7 bis 15 mm
- Durchschnittliches Aufkommen pro Jahr: 1 bis 2 Generationen
- Nahrungspflanzen: Kartoffeln, Tomaten, Paprika, Auberginen
Seit der Kartoffelkäfer 1877 zum ersten Mal in Europa auftrat, richtet er regelmäßig katastrophale Schäden an, sofern nicht sogleich konsequent gegen den Befall vorgegangen wird. Diese Prämisse gilt für den gewerblichen Anbau ebenso, wie für den heimischen Nutzgarten.
Erscheinungsbild
Damit der Hobbygärtner den Schädlingsbefall richtig diagnostiziert, muss der Kartoffelkäfer als solcher identifiziert werden. Das ist nicht schwer, denn das Insekt ist mit einer Länge von bis zu 15 mm vergleichsweise groß und weist eindeutige Erkennungsmerkmale auf. Auf den gelbfarbenen Flügeln befinden sich jeweils 5 schwarze Längsstreifen.
Zudem sind auf dem gelb-orangen Halsschild mehrere schwarze Flecken zu sehen. Die Unterseite erscheint in einem gedeckten Rot-Braun mit schwarzen Punkten an den Rändern. Männchen und Weibchen sind optisch kaum zu unterscheiden. Die nimmersatten Kartoffelkäferlarven sind leuchtend rot mit schwarzen Punkten am Kopf und an den Seiten. Die walzenförmigen Eier sind tiefgelb gefärbt.
Lebenszyklus
Der Kartoffelkäfer und sein Nachwuchs können umso effektiver bekämpft werden, je besser der geplagte Gärtner mit dem Lebenszyklus vertraut ist:
- Die adulten Käfer überwintern tief im Boden.
- Ab 15° Celsius kommen sie hervor und lassen sich auf den Kartoffelpflanzen nieder.
- Nach der Paarung, legt das Weibchen ab Juni bis zu 2.000 Eier ab.
- Die Gelege befinden sich auf den Blattunterseiten in Gruppen.
- Abhängig von der Witterung, schlüpfen die Larven nach 3-15 Tagen.
Im Verlauf der nächsten 2 bis 4 Wochen entwickeln sich die Larven in verschiedenen Stadien, während sie sich vom Kartoffelkraut ernähren. Anschließend fallen sie zu Boden, um sich bis zu 30 cm tief darin zu vergraben. Nach etwa 1 Monat kriechen sie als ausgewachsene Käfer wieder hervor, machen sich erneut über die Pflanzen her und vermehren sich fleißig weiter.
Bekämpfung
Die Bekämpfung des Kartoffelkäfers ist nicht nur von kulturhistorischer Bedeutung, sondern stellte sich von Beginn an als äußerst heikel dar. Die wesentliche Ursache dafür liegt in der Fähigkeit des Käfers, sich flexibel und rasch auf jegliches Präparat auf chemischer Basis einzustellen, das gegen ihn zur Anwendung kommt. Damit einher geht die zügige Bildung einer Resistenz gegenüber Insektiziden, sodass die biologische Bekämpfung des Kartoffelkäfers und der Larven zunehmend an Bedeutung gewinnt. Bislang haben sich lediglich die umweltfreundlichen Methoden der Bio-Bauern als langfristig effizient erwiesen, an denen sich auch die meisten Hobbygärtner orientieren.
Ökologisch verträgliche Mittel
Es sind nicht ausschließlich die typischen Hausmittel, die sich im Kampf gegen Kartoffelkäfer und Kartoffelkäferlarven bewährt haben; allerdings bestimmen sie im Wesentlichen die Strategie der Gartenfreunde.
Kaffeesatz
Getrockneter Kaffeesatz dient nicht nur als ausgezeichneter Dünger, sondern vertreibt darüber hinaus unersättliche Kartoffelkäfer und deren Brut. Frühmorgens auf den noch mit Tau benetzten Blättern ausgestreut, verdirbt Kaffeesatz den Schädlingen gründlich den Appetit. Damit kann übrigens in einem frühen Wachstumsstadium des Kartoffelkrauts bei ca. 10 cm Höhe begonnen und in der Folge alle 4 Wochen wiederholt werden.
Meerrettich-Jauche
Als natürliches Spritzmittel eignet sich Meerrettich (Armoracia Rusticana), der zu Jauche verarbeitet wird. Hierzu wird ein Holzfass mit 10 Litern kalten Wassers und 1 kg frischer oder 200 g getrockneter Pflanzenteile an einer sonnigen Ecke des Gartens platziert. Wie bei Jauchen üblich, kann die Jauche bereits nach 2-3 Tagen frisch und beißend oder nach 2 Wochen gegoren auf die befallenen Pflanzen versprüht werden. Wichtig ist, die Mischung während der Gärung zwei Mal täglich umzurühren. Die Spritzungen werden solange wiederholt, bis die Kartoffelkäfer das Feld räumen.
Minze-Brühe
Über gute Erfolge berichten Hobbygärtner durch den Einsatz von Minze-Brühe. Im Gegensatz zur Jauche, wird die Brühe für ca. 30 Minuten gekocht und nach dem Abkühlen durch ein Sieb geschüttet. Da umweltfreundliche Mittel selten auf Anhieb wirken, wird die Flüssigkeit mehrmals ausgebracht.
Lein pflanzen
Wie kluge Gartenfreunde herausfanden, lassen die Schädlinge von einem Beet ab, wenn dort Kartoffeln und Lein (Linum) – auch Flachs genannt – abwechselnd in Reihen gepflanzt sind. Die Kartoffelkäfer sind irritiert und fühlen sich in ihrem Fressrhythmus sowie ihrer Bewegungsfreiheit so gestört, dass sie abwandern. Pfefferminze oder Rizinus erfüllen diesen Zweck zwar in gleicher Weise, bringen hingegen den Nachteil mit sich, dass sie entweder invasiv oder giftig sind.
Gesteinsmehl
Werden die Kartoffelkäferlarven mit Gesteinsmehl – auch Steinmehl oder Füller genannt – bestäubt, schränken sie zumindest die Aktivitäten ein. Befindet sich der Befall in einer frühen Phase, kann mit etwas Glück der Plage auf diese Weise bereits ein Ende gesetzt werden. Im gleichen Zug stärkt Gesteinsmehl die Widerstandskraft der Kartoffelpflanze auf natürliche Weise.
Absammeln
Die effizienteste Vorgehensweise im Kleingarten ist nach wie vor das Absammeln der Käfer, Larven und Eier. Solange es sich um eine überschaubare Fläche handelt, ist diese Praxis nach wie vor nicht zu toppen. Dabei nimmt der Gärtner jede einzelne Pflanze spätestens ab Mitte Mai in Augenschein, um die Ober- und Unterseiten der Blätter zu untersuchen. Ideal für diese Arbeit sind die frühen Morgenstunden, wenn sich die Schädlinge noch in einem Zustand der Kältestarre befinden.
Bekämpfungsmethoden von Ökobauern
Da im Rahmen der Integrierten Produktion der Einsatz chemischer Insektizide auf lange Sicht kläglich versagt hat, weil die Kartoffelkäfer stets innerhalb kurzer Zeit eine Resistenz aufbauten, schielen die klassischen Landwirte seit Jahren nach den Bekämpfungsmethoden der Ökobauern, und das völlig zu Recht. Dabei haben sich drei Mittel hervorgetan, die einzeln für sich oder in zeitversetzter Kombination den Kartoffelkäfern Einhalt gebieten:
Bacillus thuringiensis
Dieses Bakterium befindet sich in nahezu jedem Boden und zahlreichen Pflanzen. Dort entwickelt es ein kristallines Toxin, das für Insekten, wie den Kartoffelkäfer und seine Larven, tödlich wirkt. Menschen, Wirbeltiere oder Pflanzen nehmen hingegen keinen Schaden. Seit mehr als 100 Jahren entdecken die Wissenschaftler immer neue Stämme des Bacillus, aus denen wirksame Präparate entstammen, die gezielt gegen Schadinsekten zum Einsatz kommen. Sie bestehen aus den getrockneten Sporen des Bakteriums sowie dem Toxin in kristalliner Form. Die Treffsicherheit ist derart spezifisch, dass Nützlinge, wie Florfliegen, die sich ebenfalls gerade auf der Kartoffelpflanze befinden, in keiner Weise darauf reagieren. Mittlerweile bestehen nahezu 90 % aller biologischen Insektizide aus Bt-Präparaten.
- Die Kartoffelkäferlarven müssen das Bakterium fressen.
- Die Temperaturen müssen dauerhaft über 15° Celsius liegen.
- Als Spritzmittel oder Spray wird es unmittelbar auf die Larven gesprüht.
- Es stellt sich ein sofortiger Fraßstopp ein, dem die tödliche Wirkung folgt.
Neem
Aus den Samen des indischen Neem-Baumes wird ein Extrakt gewonnen, das den Kartoffelkäfern und den Kartoffelkäferlarven das Leben schwer macht. Das darin enthaltene Azadirachdin, ist zwar nicht unmittelbar tödlich, hemmt hingegen auf Dauer den Lebenszyklus dergestalt, dass sich keine Brut mehr entwickelt.
- Der Zeitpunkt der Anwendung bestimmt das Ausmaß der Durchschlagskraft.
- Nach der Ablage der Eier, muss das Kraut am 5. Tag mit Neem behandelt werden.
- Der Eischlupf wird gehemmt, sodass bereits das 1. Larvenstadium abstirbt.
Die Experten raten, zuerst Neem auszubringen, dem 2 Tage später das Bakterium Bacillus thuringiensis folgt. Auf diese Weise können beide biologischen Bekämpfungsmittel ihr Potenzial ganz und gar entfalten.
Spinosad
Der verhältnismäßig neue Wirkstoff findet in der ökologischen Landwirtschaft eine breit gefächerte Anwendung. Insbesondere trägt er zur Regulierung einer Plage der Kartoffelkäfer de facto bei. Bereits nach wenigen Stunden ist das Nervensystem der Schädlinge so geschädigt, dass sie jegliche Tätigkeit auf Dauer einstellen. Zu beachten ist, dass Spinosad giftig ist für Bienen, Algen und Fische, sodass es erst als letzten Ausweg aus der Misere in Betracht gezogen wird.
Ein Wirkstoff, der jahrelang gut Ergebnisse im Kampf gegen den Kartoffelkäfer erzielte, hat offenbar sein Pulver verschossen. Die Rede ist von Pyrethrum, das zu den ältesten umweltfreundlichen Insektiziden zählt. Als Kontakt- und Nervengift lähmt und tötet es die Insekten innerhalb kurzer Zeit. Wie mehrere Feldversuche nachwiesen, bewies der Kartoffelkäfer wieder einmal, wie anpassungsfähig er funktioniert, denn der erwünschte Fraßstopp einschließlich des folgenden Absterbens hat sich auf 20 % reduziert, mit Tendenz nach unten. Inwieweit die Zugabe von Rapsöl die Wirksamkeit wiederherstellt, bleibt abzuwarten.
Prophylaxe
Damit es erst gar nicht zu einem Befall durch Kartoffelkäfer kommt, kann der vorausschauende Hobbygärtner einiges unternehmen:
- Kartoffeln in einer jährlich wechselnden Fruchtfolge pflanzen.
- Vor dem Pflanzen das Beet tiefgründig umgraben, um die überwinternden Käfer zu beseitigen.
- Unkraut nicht wuchern lassen, denn es dient den Schädlingen als Schutzwall.
- In Mischkultur mit Kümmel, Meerrettich oder Pfefferminze anpflanzen.
- Die Widerstandskraft stärken durch regelmäßige Spritzungen mit Brennnessel-Jauche.
Vorbeugend wirkt ein engmaschiges Insektennetz, das lückenlos über dem Beet aufgespannt wird. Darüber hinaus empfehlen die Fachleute, Frühkartoffel-Sorten den Vorzug zu geben, weil sie weniger anfällig sind gegenüber dem Kartoffelkäfer, dank ihres Vorsprungs im Wachstum.
Häufig gestellte Fragen
Warum hat der Kartoffelkäfer eigentlich keine natürlichen Fressfeinde, wie die meisten anderen Schädlinge im Garten?
Eigentlich wären der Kartoffelkäfer und seine Larven ein Leckerbissen für Vögel, Frösche und anderes nützliches Getier. Diese meiden jedoch den Schädling, weil sie die auffällige, leuchtend bunte Zeichnung als Warntracht erkennen. Diese Warnung ist tatsächlich berechtigt, denn der Kartoffelkäfer ist mit einem leicht giftigen Wehrsekret bewaffnet, das bei Menschen nicht toxisch wirkt.
Wenn ich gegen Kartoffelkäfer die Kombination aus Neem und Bacillus thuringiensis anwende, wie erkenne ich den richtigen Zeitpunkt?
In diesem Fall können Sie sich Unterstützung aus dem Internet holen. Das Informationssystem für Integrierte Pflanzenproduktion stellt ein Tool zur Verfügung, in dem Sie das Datum eingeben, an dem Sie die erste Eiablage gesichtet haben und wo sich die nächstgelegene Wetterstation befindet. Sogleich erhalten Sie eine Mitteilung darüber, wann die Behandlung beginnen sollte. Leider ist die Nutzung nur im ersten Jahr nach der Registrierung kostenlos. Durchgängig kostenlos sind hingegen regelmäßige Informationen zum Erstauftreten der Kartoffelkäfer einschließlich der Prognosen hinsichtlich der Populationsentwicklung.